An der Dillenburg

An der Dillenburg
02.03.2019

Hände weg von den Ackerflächen „An der Dillenburg“

Rettet die westfälische Kulturlandschaft zwischen Holtgarde und Oelmühlenweg
Hier liegt sie vor uns, die stille westfälische Kulturlandschaft: Vom Hügel, auf dem einst die prächtige Dillenburg stand, schweift der Blick über weite Ackerflächen, einem von wenigen Bäumen und Büschen gesäumten Bachlauf, am Horizont umrahmt von kleinen Wäldchen. Eingebettet in die Felder liegen drei Bauernhöfe: Prott und Leppelmann auf Oer-Erkenschwicker Seite, Schulte-Hubbert (früher Ensberg) auf Dattelner Stadtgebiet. Nach Süden und Westen erstreckt sich auf Rapener Boden ein kleines Gewerbegebiet. Einige Hallen und Flächen sind ungenutzt und leer. Warum sie nicht zu veräußern bzw. zu vermieten sind, wo doch angeblich so viel Bedarf und Nachfrage bestehen soll, ist nicht ersichtlich.

Nach einigen Jahren der Ruhe und Abgeschiedenheit stehen die an dieses Oer-Erkenschwicker Gewerbegebiet angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Sie liegen auf der Stadtgrenze von Rapen und Hachhausen. Vor rund 30 Jahren kämpften die Gemeinden gemeinsam mit der Ruhrkohle um die Genehmigung der Landesbehörden, auf dem rund 65 Hektar großen Areal eine Bergehalde aufschütten zu dürfen. So sollte die Nordwanderung des nicht mehr existierenden Bergwerks Haard mit seinen Beschäftigten vor allem aus Oer-Erkenschwick und Datteln abgesichert werden. Dazu kam es allerdings nicht, der Bergbau ist nun Geschichte.

In den Blick der Regionalplaner ist dieses Areal jetzt wohl erneut gekommen, weil Teile der Flächen der RAG gehören, die sie aber nicht mehr als Reserveflächen, z.B. als Haldenstandort, benötigt und sie deshalb den Planern angedient hat mit der Maßgabe, was daraus zu machen. In Zeiten, wo gerade in der problematischen Emscher-Lippe Region die Umwandlung von unbelastetem Ackerland in Industriegelände wegen der Notwendigkeit der Schaffung neuer Arbeitsplätze schnell politische Zustimmung und klare Mehrheiten gewonnen werden können, sind neue potentielle Gewerbe-/Industrie-Gebiete gern gesehen. Als die Städte und Gemeinden im Kreis Recklinghausen im vergangenen Jahr Wünsche äußern konnten, wo sie künftig neue Gewerbe- und Industrieflächen ausweisen wollen, brachten Datteln und Oer-Erkenschwick den gemeinsamen Standort Dillenburg wieder ins Spiel.
Schon 2015 hat die WIN Emscher-Lippe GmbH nämlich in einem Grundsatzpapier: „Umbau 21: Konzept Regionale Gewerbeflächenentwicklung“ dieses Areal „An der Dillenburg“ als einen von dreizehn „regionalen Kooperationsstandorten“ ausgewiesen. Im Zuge dieser Ideensammlung taucht dieses Projekt wohl sicherlich auch auf Betreiben der RAG auf, die ihr Verkaufsinteresse signalisiert hat.
https://www.emscher-lippe.de/wp-content/uploads/2017/09/2015-11-13-Konzept-Flaechen_neu.pdf

Dillenburg (Oer-Erkenschwick/Datteln)
Die Fläche an der Stadtgrenze von Oer-Erkenschwick und Datteln mit einer Gesamtgröße von 40 ha könnte als interkommunales Gewerbegebiet genutzt werden. Aufgrund der Lage im Freiraum wäre keine Aufbereitung nötig, jedoch bestehen mehrere Eigentümer. [Regionaler Kooperationsstandort: Kategorie I]  (S. 7)

Ergänzend zu dieser Flächenbeschreibung findet sich dort noch die folgende Erklärung:
„Im Zuge des aktuell laufenden Prozesses zur Aufstellung des Regionalplans Ruhrgebiet durch den Regionalverband Ruhr (RVR), hat der Kreis Recklinghausen für das Kreisgebiet darüber hinaus Standorte ermittelt, die im Sinne eines regionalen Bedarfs (im planerischen Sinne, nicht im Sinne des Zugangs zu Zuwendungen) langfristig als Kooperationsstandorte entwickelt werden könnten (siehe auch „Interkommunales Wirtschaftsflächenkonzept für den Kreis Recklinghausen“). Diese Flächen müssen jedoch noch in Abstimmung mit dem RVR regionalplanerisch gesichert werden. Eine Entwicklung ist derzeit nicht absehbar. Sie wurden deshalb ausschließlich nachrichtlich in die Flächenliste mit aufgenommen.“

Den Theoretikern an ihren Schreibtischen im fernen Gelsenkirchen müssen aber mehrere Dinge nicht bewusst gewesen sein: die Schönheit der westfälischen Kulturlandschaft zwischen Holtgarde und Oelmühlenweg, die gute Qualität des Ackerbodens und die Liebe der Landwirte zu ihrer fruchtbaren Arbeit. Fast 2/3 der überplanten Flächen gehören nämlich den landwirtschaftlichen Betrieben. Erst jetzt, wo die Planungen erstmals in der Öffentlichkeit diskutiert werden, erfahren sie aus der Presse von Plänen, die ihre Zukunft nachhaltig verändern könnten. Dass sie nicht nur erstaunt, sondern auch erschrocken sind, kann man ihnen nicht verdenken.

Was bereits in den Rieselfeldern vorgesehen ist - ungezügelter Flächenverbrauch, die Zerstörung einer über Jahrhunderte gewachsenen Kulturlandschaft, die Vernichtung bäuerlicher Existenzen – soll sich hier „An der Dillenburg“ in kleinerem Maßstab wiederholen.
Die Dattelner Grünen fordern: Kein neuer Flächenverbrauch, im Gegenzug unterstützen wir solche Projekte, die Konversionsflächen oder die Nachnutzung ehemaligs industriell genutzter Gewerbegebiete betreffen, z.B. die Entwicklung der Gewerbeparks „Zum Schleusenpark“ oder der Kraftwerksflächen Datteln 1-3 und Datteln 4.

Die Mehrheit der Gemeindevertreter möchte die Verwaltung der Stadt Datteln beauftragen, die interkommunale Vereinbarung einzugehen sowie an den zentralen Elementen der interkommunalen Vereinbarung – Analyse des lokalen und regionalen Flächenbedarfs, Fortschreibung des interkommunalen Wirtschaftsflächenkonzepts, Nutzung des virtuellen Flächenkontos – aktiv mitzuwirken.

Hinsichtlich des konkreten Standortes Dillenburg ist aus Sicht der Verwaltung jedoch eine weitergehende Eignungs- und Machbarkeitsprüfung zur Ansiedlung von größeren Gewerbe- und Industriebetrieben durchzuführen. Hierbei sollten auch Alternativen für Regionale Kooperationsstandorte in Datteln einbezogen werden.
Zu Recht ist in dem Leserbrief eines Anwohners, der in der Dattelner Morgenpost abgedruckt wurde, das Argument gebracht worden, dass die Stadt Datteln gerade eine Klage gegen die Erweiterungsgenehmigung der Firma Westfleisch führt, da sie sich angesichts einer ohnehin bereits angespannten Verkehrssituation einem dann nicht mehr zu bewältigendem Verkehrsaufkommen gegenübersieht. Es ist geradezu eine Farce, dass nun, nur steinwurfweit entfernt, ein mehrfach so großes Gewerbegebiet entwickelt werden soll, dessen verkehrstechnische Anbindung nur über die selben Wege erfolgen kann, wie die der Firma Westfleisch.

Dieses Eingeständnis allein wird aber nicht reichen, das Projekt Gewerbegebiet „An der Dillenburg“ endgültig zu stoppen. Nur ein koordiniertes Vorgehen all derer, die hier an der Stadtgrenze von Datteln und Oer-Erkenschwick keinen Gewerbepark entwickelt sehen wollen, wird langfristig zum Ziel führen, diese Pläne zu verhindern.


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