Unversoehnliche Gegensaetze

Unversöhnliche Gegensätze

Flüchtlingswohnheim in unmittelbarer Nachbarschaft zur Schießanlage
12.12.2019

Was ist wahrscheinlicher: die Stilllegung des Schießstandes oder der Abriss des Flüchtlingswohnheimes nach dreijähriger Betriebserlaubnis?
Die Stadtverwaltung, unterstützt von SPD und CDU, geht hier volles Risiko, wenn sie am Markfekder Weg eine schöne neue Unterkunft in Massivbauweise errichtet, ohne dass die Anlage durch einen rechtskräftigen Bebauungsplan abgedeckt ist.

Dürfen sie nun stolz sein auf ihr neuestes Werk – oder sollten sie sich schämen, die verantwortlichen Frauen und Männer in der SPD, in der CDU und ihre Helfer im Dattelner Hochbau- und Sozialamt?

Bereits vor Baubeginn hatten Dattelner Ärzte und Geistliche beider Konfessionen in einem Offenen Brief zum Ausdruck gebracht, dass der Standort neben dem Schießübungsplatz am Kanal unglücklich gewählt und dass ihnen eher eine innerörtliche Einbindung der Flüchtlinge wünschenswert wäre, um leichter eine Integration erreichen zu können.

Die jetzt über mehrere Jahre in Datteln praktizierte dezentrale Unterbringung von Geflüchteten war einmal eine Forderung aller im Rat vertretenen Parteien, die getragen war von der Willkommenskultur jener Zeit, die geprägt war von Nächstenliebe und Nachbarschaftsgeist. Die Umsiedlung dieser unserer Nachbarn in eine abseits liegende Gemeinschaftsunterkunft, die in nicht zu wünschenden Krisensituationen bis zu 140 Geflüchtete aufnehmen kann, widerspricht jetzt allen unseren Vorstellungen von Menschlichkeit und Humanität.
Natürlich sind die neu errichteten Wohnungen am Stadtrand jenseits der Kanals, auch wenn sie schlicht und einfach gehalten sind, hell und sauber, auf den ersten Blick wirken sie freundlich und einladend. In dieser Woche erlaubte die Stadtverwaltung den Ratsvertretern, einen ersten Blick in die Räumlichkeiten zu werden.

Bedrückende Begleiterscheinung: Beim Besuch war der Lärm des benachbarten Schießplatzes nicht zu überhören: in unmittelbarer Nähe zu den neuen Appartments wurde geknallt und geballert, was die Gewehre hergaben.
Die ersten Geflüchteten sind bereits eingezogen, zunächst nur Personen, die bereits an der Markfelder Straße in den maroden Containern unergebracht waren, Personen also, die mit dem stetigen Lärm dort draußen bereits vertraut waren. Was werden die Menschen denken, die aus Kriegsgebieten geflohen waren, die dem Bomben- und Kugelhagel ihrer Heimat entfliehen konnten, und die in den nächsten Wochen – aus wirtschaftlichen Gründen – dorthin umgesiedelt werden und die sich dann täglich in ihrer unmittelbarer Nähe lautem Schußlärm ausgesetzt sehen?

Auch wir Dattelner leiden regelmäßig unter der Lärmbelästigung, die vom Schießplatz ausgeht. Wir alle wären froh, wenn die aufgetretenen Umweltprobleme (Nachweis von Bleikonzentrationen im Grundwasser) zu einer Schließung der Anlage führten. Ein schnelles Ende der Nutzungsrechte für den Verein und seine Mitglieder scheint aber nicht in Sicht zu sein. Denn das Argument vom Bestandsschutz einer seit fast 90 Jahren genehmigten Anlage mit den und trotz der von dort ausgehenden Lärmemissionen, rechtsstaatliche Grundsätze und die Zurückhaltung der zuständigen Umweltbehörde Kreis Recklinghausen vermitteln den Eindruck, dass den öberörtlich interessierten Jägern und Sportschützen ihre Übungsstätte nicht geschlossen wird.

Der Arbeitskreis Asyl hat viel für die Integration der zu uns gekommen Geflüchteten getan, sie haben Hilfestellung, Betreuung, Sprachkurse gegeben, damit die Zugezogenen, die in unserer Nachbarschaft wohnen, auch Nachbarn werden. Die ehrenamtlichen Helfer werden sicherlich auch an der Markfelder Straße den zu uns gekommenen Menschen hilfreich beiseite stehen, nur wird es ihnen dort draußen sehr viel schwerer gemacht als bisher.

Wenn das neu errichtete Flüchtlingsheim in den nächsten Wochen endgültig fertiggestellt sein wird, sollen dort im Regelbetrieb bis zu 114 Personen leben, die sich im Asylverfahren befinden. Aus wirtschaftlichen Erwägungen strebt die Stadtverwaltung jetzt natürlich eine möglichst hohe Auslastung an, d. h. in Zukunft bekommt jeder, den es als Asylsuchenden – ob mit oder ohne traumatische Kriegserfahrungen –  nach Datteln verschlagen hat, die Nähe des Schießplatzes zu spüren, sie erfahren regelmäßig die ohrenbetäubende Knallerei. In unseren Augen ist diese Regelung unchristlich und menschenverachtend.
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