Westfleisch wird Corona-Brennpunkt

Westfleisch wird zum Corona-Brennpunkt

Müssen die gerade erst eingeleiteten Lockerungen im Ostvest schon wieder zurückgenommen werden?
10.05.2020

Die Zahl der an Covid19 erkrankten Mitarbeiter der Firma Westfleisch in Coesfeld und Oer-Erkenschwick hat in den letzten Tagen rapide zugenommen. Während in Coesfeld bereits von 264Infizierten die Rede ist (Stand: 13. Mai), haben sich in Oer-Erkenschwick mindestens 174 Beschäftigte (Szand 20. Mai) angesteckt. Mit zahlreichen weiteren Fällen wird in den nächsten Tagen gerechnet, wenn die flächendeckend erhobenen Testergebnisse vorliegen werden.

Es gehört zu den Stärken des Corona-Virus, dass es brutal und schonungslos die Schwächen und Fragwürdigkeiten ganzer Systeme aufdeckt. Wegen der schlechten Arbeits- und armseligen Unterkunftsbedingungen stehen viele Schlachthöfe in Deutschland seit vielen Jahren in der Kritik, zu Recht – so auch in unserer Nachbarstadt Oer-Erkenschwick. Es kommt sicherlich nicht überraschend, dass die prekären Verhältnisse dort ideal sind zur weiteren Verbreitung der Pandemie. Jetzt zeigt sich, dass diese "unhaltbaren Zustände beim betrieblichen Infektionsschutz" – so reagierte selbst Bundesarbeitsminsiter Heil (SPD) empört -  die Ausbreitung des Coronavirus verstärken.
Wenn jetzt, angesichts von Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen und Mitarbeiter-Unterkünften die Forderungen nach schärferen Kontrollen und grundlegend besseren Arbeits- und Wohnbedingungen laut werden, zeigt sich aber auch, dass die Gesundheitsbehörden in den vergangenen Jahren bewusst weggeschaut haben. Denn wenn die Behörde heute behauptet, ihr wäre diese menschliche Katastrophe nicht bekannt gewesen, so ist das unvorstellbar. Dass in der Fleischindustrie nur Hungerlöhne gezahlt, Menschen in engen Behausungen zusammengepfercht oder einfach Arbeitsrechte mit Füßen getreten werden, wird damit gerechtfertigt, auf diese Weise günstige Fleischprodukte für die weniger gut verdienende Bevölkerung liefern zu können.
„Das Geschäftsmodell mit den prekären Unterkünften für osteuropäische Arbeiter muss beendet werden.“

Es ist ein Riesen-Skandal, hat aber nie zu einem großen Aufschrei geführt: Ein Großteil der Beschäftigten bei Westfleisch steht uns fern, kommt halt aus Osteuropa, darunter vor allem rumänische Arbeiter, die in dicht belegten „privaten“ Sammelunterkünften wohnen, verteilt über mehrere Städte im Kreis Recklinghausen. Die Hygiene- und Abstandbedingungen der Corona-Schutzverordnung des Landes NRW konnten dort nie eingehalten werden.


Was bislang nur das Problem einer nicht beachteten Minderheit war, wird nun, durch Corona, zu einem Problem für uns alle, die rund um diesen Industriestandort Westfleisch leben.

Droht uns deswegen jetzt die Rücknahme der gerade erst eingeleiteten Lockerungen?
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