Alle fuers Klima

Alle fürs Klima
150 Länder, 500 Städte in Deutschland, die größte Demo der Welt - und Datteln war mit dabei!
20.09.2019

In Deutschland waren heute, am 20. September 2019, 1,4 Millionen Menschen zum Klimastreik #FridaysforFuture auf den Straßen. Gemeinsam wurde der Unmut über eine reaktionäre Klimapolitik kundgetan, die die Profite der Auto-, Energie- und Massentierhaltungskonzerne immer noch über die Rettung unseres Klimas und damit unserer Zukunft stellt. Dieser Freitag geht daher als der größte Klimastreik Deutschlands in die Geschichte ein - zumindest bis jetzt, denn auch das heute beschlossene “Klimapaket” dürfte den meisten wohl nicht weit genug gehen. Wir finden: Zu wenig. Zu spät.
Die 200 Teilnehmer der Demonstration versammeln sich vor dem Dattelner Rathaus, die Schüler/innen übergeben Bürgermeister Dora eine Resolution.
Wirklich stolz sind wir indes, dass sich in Datteln mehr als 200 Menschen mobilisiert haben, um ein klares Signal an die Altparteien und den Bürgermeister zu senden: Das Klima und eine grünere Zukunft müssen auch Schwerpunkt von Kommunalpolitik werden - und das berüchtigte Kraftwerk Datteln 4 ist schon jetzt ein Relikt der Vergangenheit.
Schon um 12 Uhr hatte sich eine außergewöhnliche Versammlung von Menschen aller Altersklassen auf dem städtischen Marktplatz gebildet. Neben Schülerinnen und Schülern waren vor allem junge Mütter mit ihren Kindern, Eltern, aber auch viele Rentner und Großeltern vor Ort und demonstrierten: Klimaschutz geht jeden etwas an.
Die ursprünglich auf 50 Teilnehmer geschätzte Veranstaltung verweilte für etwa 45 Minuten vor Ort, in denen verschiedenste Wortbeiträge zum Klimaschutz geliefert wurden. Auch der Dattelner Bürgermeister versuchte eine gute Mine zu geben, indem er seine Unterstützung und sein Wohlwollen aussprach - ein Aktionismus, der an Aufrichtigkeit stark zum Zweifel veranlasste. Laute Buhrufe zu Ende seiner Rede fassten die allgemeine Stimmung gegenüber diesem politisch-strategischen Auftritt recht prägnant zusammen.
Kurz vor 12:45 Uhr marschierte der ganze Zug dann, unter lautstarken Parolen "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut", friedlich Richtung Rathaus, wo der Tross nach einer Ehrenrunde um den Parkplatz um 13 Uhr zum Stehen kam und weitere Wortbeiträge gehört wurden.
Gegen 13:35 Uhr wurde die Demonstration schließlich offiziell aufgelöst, und besonders die jungen Veranstalter von #FridaysforFuture Datteln konnten stolz ob ihres großen Erfolges nach Hause kehren.

Ein Leserbrief unsres Ratsvertreters Theodor Beckmann zur Berichterstattung in der Dattelner Morgenpost:

Die Früchte der Saat ernten
 
Gegeben wird: ein Lehrstück in geschicktem Journalismus im Lokalformat
Beteiligte: ein Bürgermeister, zwei Kritiker seiner Arbeit aus dem Raum der Politik, ein Professor, ein Vertreter der Kraftwerksgegner und der die Fäden in der Hand haltende Zeitungsredakteur
Rahmenhandlung: die Demonstration der Fridays For Future- Bewegung Datteln am weltweiten „Tag des Klimanotstands“
 
Zur Geschichte:
Dienstags mahnte besagter Journalist (Sebastian Balint) noch die jungen Initiatorinnen des Klima-Streiks, dass der legitimierte Streik nun vermutlich als politisch gesteuerte Aktion abgewertet werden könnte. Am Samstag geißelte er dann die „politisch-motivierten“ Mitbürger, die diese Demonstration angeblich für ihr wahltaktisches Spiel missbrauchten.
 
„Fridays For Future“-Datteln lädt Bürgermeister Dora ein, zu Beginn der Demonstrations-Versammlung eine Begrüßungsansprache zu halten, exakt dieselbe Person, der die Initiatorinnen der Demo dann am Ende des Tages eine kritische Resolution überreichen wollen, in dem sie ihm viele Versäumnisse vorwerfen. Wie peinlich ist das denn?
 
Wenn Herr Dora in seinen Worten dann den Initiatorinnen nur nette Dankesworte und wohlmeinendes Lob ausspricht und unumstrittene Beispiele von zu praktizierendem Umweltschutz anspricht (Wer braucht Plastiktüten? Wer braucht Plastikstrohhalme? Wer bracuht Plastikgeschirr?), überrascht niemanden, dass er auf das zentrale Umweltthema in Datteln angesprochen wird, für das er persönlich mitverantwortlich zeichnet. (Und wer braucht Datteln 4?)
 
Mit dem Abdruck dreier Kommentare (von Sebastian Balint, Rainer Köster und Prof. Dr. Gerd Stein) hatte die Dattelner Morgenpost den Acker bestens bestellt, am Freitag Mittag konnten die Redakteure die Früchte ihrer Arbeit ernten – sie hatten ihren die Auflage steigernden „Eklat“. Sie konnten den verbalen Schlagabtauch zwischen dem grünen Ratsherren Theodor Beckmann und Bürgermeister André Dora beobachten und darüber berichten.
 
Dürfen Politiker Emotionen und Gefühle zeigen – auch vor Schülern und Schülerinnen? Müssen Redner, die sich in „vermintes“ Gebiet begeben, mit Zwischenrufen rechnen? Unser garantiertes Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist bei öffentlichen Versammlungen nicht aufgeboben. Es eröffnet dem Redner wie dem Zwischenrufer das Recht, das zu äußern, was ihnen auf dem Herzen liegt. Interessant ist jedoch, wie die Beteiligten am Ende aufeinander zugehen. Bürgermeister Dora und Ratsherr Beckmann haben sich am Abend getroffen und sich ausgesprochen; sie sind guter Dinge auseinandergegangen, lange bevor die Dattelner Morgenpost über den Vorfall am Mittag eine reißerische Geschichte veröffentlicht hatte.

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