Landwirte gegen newPark

Existenzen und Versorgung gefährdet


newPark: Landwirte aus Datteln


gehen gegen das größte Industrieprojekt in NRW vor


290 Hektar vorwiegend landwirtschaftliche Fläche in den Rieselfeldern zwischen Datteln und Waltrop sollen zum Industrieareal newPark werden – die Bauern stemmen sich dagegen.


von Fabian Hollenhorst, Dattelner Morgenpost, 31. August 2022


Die Pläne für den ersten Bauabschnitt des newParks, dem größten geplanten Industrie- und Gewerbegebiet in Nordrhein-Westfalen, sind derzeit noch bis zum 9. September im Rathaus der Stadt Datteln ausgelegt. In dieser Zeit können Stellungnahmen zu dem Projekt abgegeben werden. Und genau deswegen hat der Landwirtschaftliche Ortsverein in Datteln nun seine Kritik verfasst. Der newPark sei nicht mehr zeitgemäß, ein Entschluss für das Projekt würde sogar Entscheidungen auf Landes- und Regionalebene entgegenstehen.

„Ein Projekt dieser Größenordnung ist im Gebiet des Regionalverbandes Ruhr nicht mehr zu rechtfertigen“, sagt Heinz Boller, stellvertretend für die Landwirte in Datteln. Im drittgrößten Ballungsraum Europas mit 5,2 Millionen Menschen müssten insbesondere auch die „großen Herausforderungen unserer Zeit“, der Klimawandel und der Verlust an Arten in Flora und Fauna beachtet werden. Denn das Projekt bringe massive Veränderungen der Kulturlandschaft mit sich.


Und gerade diese Flächen sind in einem bevölkerungsstarken Bereich wie dem Ruhrgebiet wichtig, da diese Flächen als „Korridore zur Abkühlung von benachbarten Städten“ dienen. „Sicherlich wollen wir alle nicht, dass unsere Enkel nur noch mit Atemschutzmasken die Luft einatmen“, macht Boller deutlich. Die 30 bis 50 Meter hohen Anlagen, die im Gewerbegebiet entstehen sollen, würden wie ein Bollwerk in der Landschaft stehen – und das nach vier Hitze-Sommern in den vergangenen fünf Jahren.


Bereits im Rahmen des Spaziergangs durch die Rieselfelder im April 2022

hat der Waltroper Landwirt Elmar Heilmann die Pläne zur Umwandlung

seiner Rieselfelder in ein Industriegebiet auf das Schärfste verurteilt.

Foto: Matthias Erfmann

​Land NRW will Flächen der Bauern erhalten

Die Dattelner Landwirte stützen sich zudem auf eine Entscheidung der NRW-Landesregierung aus dem Jahr 2020, dass die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen bis zum Jahr 2035 auf null Hektar reduziert werden soll – also die Anbauflächen der Bauern nicht weiter schrumpfen sollen. Auch das Ruhrparlament des Regionalverbandes hat im Juni 2022 beschlossen: „Wenn die Landwirtschaft ökologischer werden soll, ist es unabdingbar, dass der Trend des Flächenverlusts nachhaltig gestoppt wird.“ „Ein Beschluss des Rates zur Umsetzung steht also den Entscheidungen auf Landes- und Regionalebene diametral gegenüber“, urteilt Heinz Boller.

Dagegen spricht derweil ein Absatz auf Seite 44 des Koalitionsvertrags von CDU und Grünen: „Insbesondere die vom Strukturwandel betroffenen Regionen benötigen auch Transformationsflächen. Die im Landesentwicklungsplan festgelegten Flächen für

landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben werden für derartige bedeutende Nutzung gesichert.“ Ohne den newPark namentlich zu nennen, macht die Landesregierung damit den Weg für das größte geplante Industrieprojekt frei.


​Existenzen der Landwirte sind durch den newPark gefährdet

Wenn die 290 Hektar an Fläche verloren gehen, so stellen sich die Landwirte dagegen, werden auch die Existenzen und Zukunftsplanungen der betroffenen Betriebe gefährdet. „In Deutschland ist die Tierhaltung an die Fläche gebunden“, erklärt Boller. Ohne Fläche können weniger Tiere gehalten werden, doch das Aufkommen sei für das nötige Einkommen existenziell – Betriebsaufgaben drohen.

Der 245 Seiten umfassende Umweltbericht habe derweil keine Lösungen parat, wie der Wegfall von mehr als 200 Hektar zur Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln kompensiert werden soll. „Jeder Hektar Verlust an landwirtschaftlicher Fläche in Deutschland hat zur Folge, dass an anderer Stelle in der Welt Flächenbewirtschaftung intensiviert wird“, warnt Boller. „Wir importieren also Nahrungsmittel aus der ganzen Welt und sind an der Zerstörung von Urwald beteiligt.“ Zudem schaffe es Abhängigkeiten bei Grundnahrungsmitteln. „Was das heißt, sollte mittlerweile jeder verstanden haben.“

Eine typische Allee in den Rieselfeldern. Hier soll künftig das Industriegebiet newPark entstehen. © privat

Kraftwerks- und Zechenflächen besser für Industrie geeignet

Dazu bezweifeln die Landwirte, dass im newPark Tausende Arbeitnehmer in digitalisierten und automatisierten Fertigungsverfahren beschäftigt werden, diesem Anforderungsprofil würden Langzeitarbeitslose kaum gerecht werden. Für die angepriesenen „Green Tech“-Unternehmen, die am newPark ansiedeln sollen, gebe es derweil genug Fläche am Altkraftwerk Datteln 1-3 sowie bald auf der Kraftwerksfläche Datteln 4 und den Zechenbrachen auf der anderen Kanalseite. Aber die „grüne Wiese“ zubetonieren, sei laut den Landwirten der einfachere Weg.



Jetzt lesen.


Einspruch aus Waltrop:


Die Verkehrsgutachten zum newPark sind fehlerhaft


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