Bebilderte Botschaften

Bebilderte Botschaften

26.07.2022


Bunte Bilder am Türkenort sollen an Juden und die Synagoge erinnern.

Sie sind nicht zu übersehen, die zwölf bunten Bilder, die an den Balkonen des Hauses Türkenort 1 hängen. Zu sehen sind u.a. eine Friedenstaube mit Davidsternen, ein achtarmiger Leuchter mit Davidstern oder das hebräische Wort „shalom“, das übersetzt „Frieden“ bedeutet. Als Menschen, die mit offenen Augen durch die Stadt gehen und die sich als Dattelner Grüne politisch in der Gemeinde engagieren. Identifizieren wir uns voll umfänglich mit der „Frohen Botschaft“, die auf diesen zwölf Tafeln verkündet wird. Auch wir bekämpfen Antisemitismus und Rassismus, auch wir verurteilen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit, auch wir setzen uns ein für ein friedliches und liebevolles Miteinander in der (Stadt-)Gesellschaft.

Diese bunten Bilder mit politischen und religiösen Botschaften zieren das Haus am Türkenort 1 in Datteln.

Im Rahmen des 5. Internationalen Workcamps der Evangelischen Kirchengemeinde Datteln, das Anfang Juli im Jugendbereich des Etienne-Bach-Hauses stattfand. In diesem Jahr haben acht junge Erwachsene aus verschiedenen Ländern und Kulturen an diesem Workcamp teilgenommen. Als Ziel dieser internationalen BegegEntstanden sind die Bilder im nungen gilt: Durch das gemeinsame, selbst organisierte Leben und Arbeiten auf Zeit soll Verständigung über Grenzen hinweg möglich werden.

Die Gruppe aus jungen Erwachsenen und Bewohnern des Johanneswerk-Wohnverbundes ist für die bunten Bilder am Türkenort verantwortlich.                     © Foto: Michael Gosse, Johanneswerk-Wohnverbund Datteln

Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem besonderen Ort Türkenort 1, an dem früher die Dattelner Synagoge stand, geht zurück auf eine Idee von Thomas Mämecke, Pfarrer an der Ev. Lutherkirche. Seitdem er als Pfarrer in Datteln tätig ist, so sagt er selbst, habe ihn die ehemalige Synagoge in Datteln fasziniert. Deshalb hat er diese Aktion angeregt, sicherlich auch, weil in diesem Jahr erstmals Fotos aus den USA den Weg nach Datteln gefunden haben, die die Synagoge in ihrer vollen Pracht zeigen, vermutlich im Jahr 1930 kurz nach der feierlichen Eröffnung am 16.12.1929. Außerdem möchte das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Datteln in diesem Jahr zwei Menschen mit dem Etienne-Bach-Preis auszeichnen, die eng mit dem jüdischen Leben in Datteln und im Kreis Recklinghausen verknüpft sind: Alan Hofstadter, ein Nachfahre der 1933 aus Datteln in die USA ausgewanderten Familie Goldberg, und Gerda Koch, Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit im Kreis Recklinghausen.

Die ehemalige Dattelner Synagoge. Dieses Bild hat Alan Hofstadter, ein Nachfahre der in Datteln bekannten Familie Goldberg, aus den USA nach Datteln geschickt.

Unter Anleitung der Recklinghäuser Künstlerin Ulrike Speckmann sind zwölf ausdrucksstarke Bilder entstanden. Und nicht nur die acht Teilnehmer*innen des Workcamps, auch Bewohner und Mitarbeiter der Außenwohngruppe des Johanneswerk-Wohnverbundes Datteln, das in diesem Haus eines seiner Angebote unterhält, haben mitgewirkt und Bilder zum Thema „Ehemalige jüdische Synagoge Datteln Türkenort 1“ gemalt. Am Ende wurde eine Auswahl von zwölf Bildern gedruckt und an der Fassade des Hauses ausgestellt.

Wir begrüßen, dass mit dieser Aktion die Tatsache stärker ins Bewusstsein der Dattelner Bevölkerung gehoben wird, dass das Gebäude, in dem die Außenwohngruppe des Johanneswerk-Wohnverbundes untergebracht ist, auf historischem Boden steht. 1912 kaufte die israelitische Gemeinde das Grundstück, um dort 1929 für ihre kleine Gemeinde eine eigene Synagoge zu bauen. Sie war ebenfalls klein: sie hatte auf lediglich 55 qm Platz für 40 Personen. Nur vom 16.12.1929 bis 23.10.1938 wurde sie von der jüdischen Gemeinde als Gotteshaus genutzt. Wenige Tage vor den Pogromen des 9. und 10. November 1938, als in Deutschland hunderte von Synagogen von den Nazis in Brand gesetzt wurden, war die Dattelner Synagoge verkauft worden. Fortan als Schuppen eines örtlichen Handwerksbetriebs genutzt, wurde das ehemalige Gotteshaus 1984 zugunsten der Begradigung des Türkenorts abgerissen.

Einzelheiten zur jüdischen Gemeinde und ihrem Gotteshaus kann man einer Gedenktafel entnehmen, die der Heimatverein am Türkenort 1 aufgestellt hat.

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