Bürgermeister Dora ohne Mehrheit im Rat
27.11.2019
Das hat es in Datteln nocht nie zuvor gegeben - der Haushaltsentwurf der Verwaltung ist nicht mehrheitsfähig.
Dabei gehört es doch zur Hauptverantwortlichkeit einer Stadtverwaltung und des Bürgermeisters, dem Rat einen Entwurf vorzulegen, dem eine Mehrheit der Ratsmitglieder zustimmen kann. Auch die Vertreter der Wählergemeinschaft Die Grünen konnten diesen Entwurf nicht mittragen, weil ihm jede ökologische Handschrift fehlt. Weltweit streiken Millionen Menschen für eine nachhaltigere Politik, der Dattelner Haushaltsentwurf setzt aber weiterhin eindeutig und ungebremst auf Ökonomie vor Ökologie.
Solange die Dattelner SPD, die im Rat zwar die größte Fraktion stellt, aber nicht über eine wahlentscheidende Mehrheit verfügt, und ihr Bürgermeister die Zeichen der Zeit nicht erkenen kann, solange für sie das Thema Klimarettung ohne Relevanz ist, solange müssen wir GRÜNE dagegen halten und für Klimaschutz, für Resourcenschutz, für Nachhaltigkeit eintreten, solange können wir auch einem Haushalt nicht zustimmen, in dem es nur um kurzfristige Daseinsvorsorge geht und nicht auch um langfristige Klimarettung.
Wählergemeinschaft Die Grünen Datteln
Haushaltsrede am 27. November 2019, gehalten von Theodor Beckmann
(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn,
auch wenn wir hier in Datteln den Klimanotstand nicht durch Ratsbeschluss ausgerufen haben, sind auch wir hier in Datteln selbstverständlich von der weltweiten Klimanotlage betroffen. Erst Anfang November warnten 11.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter 900 deutsche, in einer gemeinsamen Erklärung der „Alliance of World Scientists“ vor einem weltweiten „Klima-Notstand", vor einem „Climate Emergency“. Und – passend zu diesem Thema - veröffentlichte die Bundesregierung gestern erschreckende Zahlen und Entwicklungen für unser Land.
Hunderte Städte und Kommunen auf der ganzen Welt, unter ihnen auch 30 Kommunen in NRW, haben sich durch die Ausrufung eines Klimanotstandes dazu entschieden, Klimaschutz zu priorisieren und alle ihre Entscheidungen hinsichtlich ihres Einflusses auf das Klima zu prüfen, Ganz im Sinne der internationalen Klimaschutz-Bewegung fragen wir GRÜNE uns deshalb: wo finden sich in dem uns vorgelegten Haushalt Ansätze dafür, z.B. daß bei der Ausweisung neuer Industrie- und Gewerbegebiete ökologischen Ansprüchen Genüge getan wird. Denn diese Bewegung zeigt deutlich, dass der Schutz des Weltklimas uns alle – auch hier in Datteln – angeht, getreu dem Ausspruch: Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Wir alle müssen deshalb in Sachen Klimaschutz Verantwortung tragen, jede und jeder in seinem Rahmen – als Privatpersonen ebenso wie als Stadtvertreter.
Bei genauerer Bertrachtung des Haushaltsplanes 2020 haben wir GRÜNE festgestellt, dass die Einsicht in die Notwendigkeit für einen Paradigmenwechsel hier in Datteln leider noch nicht angekommen ist; “Ökonomie vor Ökologie“ bleibt die vorrangige Devise, kurzfristige Daseinsvorsorge statt langfristige Klimarettung, Dabei stehen wir weltweit vor einem Paradigmenwechsel. Denn die Umweltverschmutzung, der Rückgang der Artenvielfalt und die zunehmende Lärmbelastung machen auch vor Datteln nicht halt. Dieser Paradigmenwechsel würde für Datteln bedeuten: keine neue Gewerbegebiete auf Grünflächen, kein Vorrang mehr für den motorisierten Individualverkehr im Verkehrsraum, und außerdem extreme Anstrengungen bei der Gebäudesanierung der Altbauten.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn,
seit Jahren weisen wir GRÜNEN darauf hin: Ein gravierendes Beispiel für die bornierte Einstellung von Verwaltung und der Mehrheit der Ratsvertreter ist der ungebremste Verbrauch der Ressource unbelasteter Boden. In unserer Stadt sollen aus einer noch immer landwirtschaftlich genutzten Ackerfläche versiegelte Flächen werden, die niemand nachfragt.
Die Planungskosten für den newPark lehnen wir GRÜNE ebenso kategorisch ab wie den newPark selbst. Die Planungen aus dem letzten Jahrhundert sahen in den ehemaligen Rieselfeldern eine Vorratsfläche für industrielle Großprojekte von landesweiter Bedeutung vor. Da sich solche Großprojekte aber nicht so häufig abzeichnen, wurde für dieses Gebiet eine Konzeption erfunden, die keiner versteht: Industrie 4.0.
Der Widerstand gegen dieses ökologisch höchst bedenkliche Vorhaben ist bereits groß, er wird weiter wachsen, wenn den Menschen hier in Datteln klar wird, dass ihre Abwassergebühr in den nächsten Jahren um 100 Euro pro Jahr steigen wird, weil das zu erbauende Kanalsystem dort 10 Mio. Euro verschlingen wird, ohne dass ihnen dafür eine Gegenleistung geboten wird.
Die Gutachten zum newPark, die jetzt für gutes Steuergeld, auch Fördergeld aus Düsseldorf ist Steuergeld, erstellt werden, sind zu hinterfragen. Die Belastungen für die sensiblen Bereiche in der Nachbarschaft, das Natura2000-Naturschutzgebiet oder auch die Cappenberger Wälder, werden ebenso wie die Feinstaubbelastung ansteigen, genauso wie - wegen des Wegfalls der Frischluftschneise - die Temperatur in der Stadt.
Meiner, unserer GRÜNEN Ansicht dürfen wir es deshalb nicht zulassen, die Versiegelung weiterer unbebauter Flächen hinzunehmen, wenn wir Sommer für Sommer erleben, in denen Menschen, Tiere, Bäume und Pflanzen von Hitze geplagt werden oder gar zugrunde gehen. Wenn diese Zustände nicht wirksam eingedämmt werden, meine Damen und Herren, lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit sagen, dann brauchen wir in wenigen Jahrzehnten keine Gewerbe- und Industriegebiete mehr, weder im newPark noch sonst wo.
Natürlich gibt es weitere Beispiele für unsere ablehnende Haltung gegenüber dem städtischen Haushalt 2020; ich möchte da nur die sich abzeichnende Verkehrswende anführen. Noch immer gilt alles rund ums Auto quasi als Menschenrecht. Wir gehen davon aus, dass sich die Verkehrssituation in den kommenden 20-30 Jahren grundlegend ändern wird. In vielen europäischen Städten werden die Autos bereits heute aus den Innenstädten verbannt. Wir fordern die Reduzierung des Autoverkehrs bei gleichzeitiger Stärkung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs. Das Ziel muss ein kostenloser innerstädtischer Bus- und Bahnverkehr sein. Wenn wir als Gesellschaft bereit sind, 20 Mio. Euro für den Dattelner Stummel auszugeben, weitere 80 Mio. Euro für das Teilstück der B474n zwischen Autobahn und Datteln bereitzustellen, dann sollten uns der ÖPNV und der klimafreundliche Radverkehr die gleichen Summen wert sein. Die Planungskosten und der Ansatz für die Investitionen sollten besser in den Öffentlichen Personen-Nahverkehr fließen. Wir GRÜNEN fordern deshalb seit Jahren einen richtig gut aufgestellten ÖPNV - der bis in den letzten Zipfel der Stadt und darüber hinaus reicht - eine vorbildliche Radewegeinfrastruktur und komfortable Fußwege.
Noch immer fehlt es in Datteln an bezahlbarem und sozialem Wohnungsbau. Wir GRÜNEN sehen die Aufgabe der SEG darin, sich im speziellen um den sozialen Wohnungsbau zu kümmern und hier die Aufgabe einer städtischen Wohnbaugesellschaft zu übernehmen. Hier leistet die SEG bereits gute Arbeit. Ich möchte mich an dieser Stelle bei Herrn Schnettger und Herrn Kuhs und der Belegschafft bedanken. Wir GRÜNE sehen jedoch die Notwendigkeit, die Nachfrage nach sozialem Wohnungsbau auch mit den Mitteln der Haushaltsplanung zu befriedigen.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn,
solange uns GRÜNEN das klare Bekenntnis zu einem ökologischen und sozialen Umdenken in dem Haushaltsplan 2020 fehlt, lehnen wir diesen ab, ebenso den Stellenplan und das HSP 2020.