Im Rat Ehrung Haushaltsrede 2025

Im Rat: Eine Ehrung und die Haushaltsrede 2025

27.11.2024


Ehrung für 30 Jahre Ratsarbeit

27.11.2024


Für die Wählergemeinschaft Die Grünen arbeitet unser Fraktionsmitglied Theoidor Beckmann derweil 30 Jahre im Rat der Stadt Datteln - von 1989 bis 1999 und von 2004 bis heute. Zu Beginn der jüngsten Ratssitzung ehrte ihn Bürgermeister André Dora als Dank für diese verantwortungsvolle ehrenamtliche Tätigkeit. Anlässlich dieses Jubiläums durfte sich der Geehrte in das Goldene Buch der Stadt Datteln eintragen.

oben: Theodor Beckmann trägt sich

in das Goldene Buch der Stadt Datteln ein.


rechts: André Dora dankt Theodor Beckmann

für seine langjährige Arbeit im Rat der Stadt Datteln.

Grüne stimmen dem Haushaltsplan 2025 nicht zu



Und hier die Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Marco Zerwas:


Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren im Rat der Stadt Datteln,



unsere Stadt steht seit Jahren mit vielen Millionen Euro in tiefroten Zahlen. Bis zum Jahr 2028 wird mit kontinuierlicher Steigerung das Jahresergebnis auf ein jährliches Saldo von 18,5 Millionen Euro steigen. Bereits bis 2030 werden damit alle hier vor Ort angestrengten Sparbemühungen aus der Zeit der Haushaltssicherung und gleichzeitig auch die während dieser Zeit vom Land geflossenen Konsolidierungszahlungen aufgehoben sein. Wir sind damit in NRW nicht alleine, fast allen Kommunen droht die Haushaltssicherung.

In vielen Gesprächen über die kommunale Haushaltsführung sowie auch den hier und im Kreis gehaltenen Haushaltsreden habe ich zwei Dinge immer wieder gehört:

  1. Wir sind nicht schuld an dieser Misere. Die Schuld liegt bei den höheren Instanzen von Land und Bund.
  2. Wir hoffen darauf, dass eine Altschuldenlösung von Land und Bund uns aus dieser Lage befreit.

Sehr geehrte Damen und Herren, sicherlich tragen Land und Bund auch einen Großteil der Schuld für unser Schuldenproblem, weil wir immer Aufgaben übertragen bekommen, ohne dabei den nötigen finanziellen Ausgleich zu bekommen, aber wir müssen doch die Karten spielen, die wir haben und nicht die, die wir uns wünschen.

Wir dürfen gewiss nicht in Pessimismus verharren, denn dann werden wir handlungsunfähig und verlieren die wesentlichen Dinge aus den Augen. Wir leben hier, weil wir unsere Wurzeln haben, unser soziales Umfeld hier ist, man sich kennt und schätzt und insbesondere, weil wir glauben, dass Datteln ein lebenswerter Ort für uns ist! Es ist unsere Heimat, die es gilt es zu bewahren und selbstverständlich auch weiterzuentwickeln.


Keine Erhöhung de Grundsteuerhebesatzes
Wir werden als Rat heute voraussichtlich beschließen, die Grundsteuer B nicht zu erhöhen. Dies wird nach Schätzung der Finanzbehörden zu einem Delta von etwa einer Million auf der Ertragsseite führen, so wir nicht den Hebesatz massiv erhöhen würden. Die Rede ist hier von deutlich mehr als 100 Punkten. Wir haben uns in der Vergangenheit bereits bemüht, auf Hallennutzungsgebühren zu verzichten, haben die Parkgebühren nicht erhöht und tun auch sonst vieles, um den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt das Gefühl zu geben, das hier etwas für sie bewegt wird, hier im Sinne der Menschen gehandelt wird.

Es ist wahr, dass wir derzeit den Hebesatz nicht erhöhen. Aber lassen Sie mich deutlich sagen: Die Erhöhungen an dieser und anderer Stelle werden kommen, wenn nicht jetzt alles getan wird, um dies zu verhindern. Darüber müssen wir uns im Klaren sein und nicht nur auf Hoffnung setzen. Es gilt den Handlungsspielraum zu nutzen und dann nicht die Hände in den Schoß zu legen, sondern jetzt notwendige Maßnahmen anzustoßen.


Einführung einer Kultur- und Strukturabgabe
Unsere Fraktion hat in der letzten Ratssitzung einen Vorschlag unterbreitet, zusätzliche Einnahmen für die Stadt zu erschließen. Mit der als kommunale Übernachtungssteuer bezeichneten Struktur- und Kulturabgabe können auch zukünftig hier an dieser Stelle wichtige Projekte angestoßen werden, die dem Wohl aller dienen. Es gilt auch zukünftig, angesichts immer weiter steigender Belastung durch vorhandene und neue Schulden, die Stadt zu entwickeln und handlungsfähig zu bleiben. Gelingt es uns nicht, neue Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen, werden die Gestaltungsmöglichkeiten des Bürgermeisters und des Rats im Nichts versanden. Diese von uns vorgeschlagene und von den zahlreichen Touristen zu erhebende Steuer wird uns nicht den Haushalt retten - das bestimmt nicht. Aber es ist der Beitrag von den durch amtliche Statistik nachgewiesene Zahl von fast 80.000 jährlichen Übernachtungen, die vielleicht helfen,

  • dass bei zukünftigen Infrastrukturprojekten der nach Wettbewerbsentscheid ausgesuchte Naturstein und nicht Betonstein die Fußgängerzone auslegt wird,
  • dass touristische Angebote nicht nur in der Bereitstellung von Feldwegen zum Fahrradfahren bestehen,
  • dass die Innenstadt ein mit hoher Aufenthaltsqualität für Dattelner*- und Besucher*innen wird.

Daran auch den Tourismussektor zu beteiligen, erscheint uns nur gerecht. Es fehlen zur Finanzierung der laufenden Haushalte noch weitere Millionen, daher sind Verwaltung und Politik aufgefordert, selbst auch Finanzierungsmöglichkeiten vorzubringen, die bestenfalls nicht aus dem Warten auf die Altschuldenlösung bestehen.


Steuererhöhungen jedenfalls sind immer schwierig und schmerzhaft, denn sie zeigen entweder Einfallslosigkeit oder Alternativlosigkeit!

Daher werden wir jetzt, wie auch in der Vergangenheit und in der Zukunft, alles daransetzen, Steuererhöhungen zu vermeiden. Die Erhöhung von Hebesätzen muss weiterhin die absolute Ausnahme bleiben und sollten sie nicht abwendbar sein, so müssen die Eingriffe so gering wie möglich sein!

Investitionen in Natur-, Klima- und Umweltschutz
In jedem Fall müssen wir handlungsfähig bleiben und wichtige Projekte priorisieren! Und ich möchte auch ganz klar sagen, was nicht zu diesen priorisierten Projekten gehört: neue Flächenversiegelungen! Statt weiterhin Flächen zu versiegeln, haben wir den Prozess zur kommunalen Wärmeplanung angestoßen, wir haben uns für die Identifizierung von ungenutzten Gewerbeflächen für Freiflächen Photovoltaikanlagen eingesetzt, wir haben die Nachhaltige Beschaffung immer wieder in den Blick genommen, haben Maßnahmen zur Renaturierung von Friedhöfen angestoßen und haben die Fahrradinfrastruktur proaktiv begleitet.


Wir haben als Fraktion beantragt, dass zukünftige Umgestaltungen der Schulhöfe so auszuführen sind, dass damit einer Entwicklung zur Schwammstadt Rechnung getragen wird. Rigolen unter den Schulhöfen sollen insbesondere bei Starkregenereignissen Überflutungen verhindern und in Trockenperioden umliegende Baum- und Grünbepflanzung wässern. Es ist nun kein Geheimnis: Investitionen in Natur-, Klima- und Umweltschutz zahlen sich aus! Und wer die Entwicklungen des Weltklimas verfolgt, der weiß, dass Natur-, Klima- und Umweltschutz schon längst absolute Priorität haben müssten! Es ist eine Existenzfrage für nachfolgende Generationen! 


Der vorgelegte Haushalt zeigt bereits Investitionen an den richtigen Stellen: Mobilstation am Neumarkt, Radwege und Mobilitätsmaßnahmen auf dem gesamten Stadtgebiet in Höhe von immerhin 1,45 Millionen, ein Naturlehrpfad, Klimaanpassungsmaßnahmen, ein kfw geförderter Tiny Forest. Wir sehen also durchaus Fortschritte bei der Stadtentwicklung. Das heißt jedoch nicht, dass nach 2025 diese Aufgaben erledigt sind. Das kann erst der Anfang sein.

Zustimmung zum Stellenplan
Der vorgelegte Stellenplan ist für uns schlüssig. Wir bitten jedoch den Bürgermeister, besonderes Augenmerk auf die Bürger*innen zentralen Anlaufstellen vor allem des Bürgerbüros und der mit hohem Besucheraufkommen frequentierten Sachbearbeitungen wie Wohngeld oder SGB-Leistungen stets im Blick zu behalten und hier für kontinuierliche und zügige Bearbeitung Sorge zu tragen. Das gilt im kommenden Jahr auch etwa für das Schwimmbad. Zwar können wir froh sein, dass dieses nach langer Paus wieder nutzbar ist, doch dessen Öffnungszeiten bisher kaum zufriedenstellend sind. Das darf nicht an einer Personalstelle scheitern.


Kein Steuergeld für den newPark
Ich hoffe, dass es bis hierher gelungen ist, die durchaus richtigen Maßnahmen und Impulse, die mit dem Haushaltsplanentwurf 2025 aufgeworfen werden, als begrüßenswert und in die richtige Richtung weisend, darzustellen. Leider ist dies wie in den vergangenen Jahren vor allem bei einem wesentlichen Marker der Stadtentwicklung nicht der Fall: Der newPark erhitzt in diesen Tagen wieder die Gemüter und lässt auch die Fraktion Wählergemeinschaft Die Grünen nicht unbeeindruckt. 250.000 Euro für das Jahr 2025 und die Folgejahre werden für >Bauleitplanung newPark angesetzt und lenken damit die Stadtentwicklung in eine für uns nicht nachvollziehbare falsche Richtung. „Das sind doch nur ZIRE-Mittel“, höre ich bereits jetzt gedanklich die newPark-Player lamentieren, „für unseren Haushalt unschädlich“, werden sie sagen. Das ist natürlich mitnichten so. Auch gegenfinanzierte ZIRE-Mittel sind natürlich Geld, Steuergeld, das hier verspielt wird. Weder ein newPark-Gipfel, noch eine euphorische Nachbesprechung der EXPO REAL in München können überzeugend darlegen, dass sich in den nächsten Jahren in den Dattelner Rieselfeldern irgendetwas bewegt, vom pflügenden Traktor und Erntemaschinen einmal abgesehen. Klagen aus verschiedenen Richtungen, Umweltverbänden und einer Nachbarkommune, sorgen trotz des allerorten angepriesenen bestehenden Baurechts für Zurückhaltung. Das Land, als notwendiger Fördermittelgeber, genauso wie mutige Investoren, die erst einmal die Infrastruktur vorfinanzieren, halten sich zurück. Ob der Status einer landesbedeutsamen Entwicklungsfläche noch lange erhalten bleibt, ist nicht absehbar. Ich möchte mich dazu auch nicht äußern, denn es wird ja auch im Land bald wieder gewählt, damit auch die Karten für die Rieselfelder neu gemischt.


Aber es sind ja nicht nur die besagten 250.000 Euro, die in die falsche Richtung weisen. Es ist der komplette Ansatz des Umgangs mit Fördergeldern und Perspektiven der Stadtentwicklung. Seit Jahrzehnten wird versprochen, dass dort eine industrielle Entwicklung stattfindet, es wurden Menschen Arbeitsplätze versprochen, die bald schon in Rente gehen oder bereits gegangen sind. Wie lange soll das denn noch gehen? Wo könnten wir stehen, wenn die Stadt Datteln sich schon vor Jahren nicht mit allen Kräften auf die Entwicklung eines absehbar nicht entstehenden Industriegebiets gestürzt hätte. Baustellen gibt es in der Stadt ausreichend, und damit meine ich diesmal nicht die auch durch Barken und Durchfahrt-Verbotsschildern gekennzeichneten zahlreich vorhandenen Straßenbaustellen, sondern Potenzialflächen wie Emscher-Lippe 1-2. Hier die ZIRE-Gelder eingesetzt könnten wir dort längst einen innenstadtnahen Zugang zum Kanal wie auch Aufenthaltsflächen generiert haben. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, aber es ist nie zu spät, die Richtung zu ändern. Das gilt übrigens auch für uns als Wählergemeinschaft Die Grünen. Wenn wir auch vor Jahren noch eine Idee vertreten haben, die davon ausgeht, die Rieselfelder im ursprünglichen Zustand zu belassen, stellen wir uns einer neuen Objektivität der Wirklichkeit. Wir erkennen an, dass der durch diesen Stadtrat beschlossene Bebauungsplan unwiederbringlich eine räumliche Veränderung der bislang landwirtschaftlichen genutzten Fläche nach sich bringen wird. Das sehen nicht nur wir ein, sondern das ist auch der Meinungsstand der örtlichen Landwirtschaft, die gleichsam diese neue Realität anerkennt, jedoch zumindest eine weitere teilweise landwirtschaftliche Nutzung reklamiert.


Energiewende und Nachhaltigkeitskonzepte erfordern auch Flächeneinsatz bei uns vor Ort. Die Rieselfelder scheinen hier ein idealer Standort zu sein, denn erstens ist durch die räumliche Nähe zu Datteln 4 bereits Infrastruktur vorhanden, den hier produzierten Energiemix auch abzutransportieren, aber auch mit dem regional gebotenen Wasserstoffbedarf sind hier die Bedingungen ideal, auch Stromspeicherkapazitäten vorzuhalten. Als im Kreistag bei der Debatte die Frage aufkam, wie denn ein solcher NewEnergy Park für Arbeitsplätze sorgen könne, wurde nicht berücksichtigt, dass diese genau in der Energieverarbeitung, also Speicherung und Transport, entstehen. Das ist ähnlich wie bei Datteln 4, wo die Arbeitsplätze nicht in der reinen Produktion entstehen, das machen wenige Dutzend Mitarbeiter, sondern im Nachgang der Stromproduktion sowie der infrastrukturellen Erhaltung. Die fehlende Bereitschaft der Verwaltung, sich einer Wirklichkeit zu stellen, die andere Erfordernisse und arbeitsmarktpolitische Bedürfnisse hat als die Neunziger Jahre wird von uns nicht mitgetragen. Wir stellen die Forderung, dass die Verwaltung ihr Stadtentwicklungskonzept an tatsächliche soziale sowie ökonomisch-ökologische Bedürfnisse anpasst und die weitere Entwicklung des newPark modifiziert. Wir werden dem Haushaltsplan in der vorliegenden Form für das Jahr 2025 daher nicht zustimmen.


Einsatz für das Gemeinwohl ist Ausdruck gelebter Demokratie
Aber ich möchte, meine sehr geehrten Damen und Herren, diesen Redebeitrag versöhnlich schließen:

In den letzten Jahren haben uns Krisen und Kriege enorm gefordert. Wir müssen in einer Demokratie viel Aushalten und uns auch manchmal unserer selbst und unserer Werte vergewissern. Das ist wichtig, aber das tun wir auch! Datteln ist keine schweigende Mehrheit! Wir zeigen uns als Stadtgesellschaft in unseren Demonstrationen, in unseren Schildern, in unseren Statements! Die Dattelner*innen haben gezeigt, wovon wir uns abgrenzen und wofür wir uns einsetzen! Daher gilt unser Dank der gesamten engagierten Stadtgesellschaft!


Alle reden dabei immer vom Erstarken der Wutbürger, oder der rechtsextremen Kräfte! Und das bereitet uns ebenfalls Sorge! Aber lassen Sie uns auch den Blick auf die andere Seite wenden: vom Erstarken der Zivilbevölkerung. Die Demonstration am 27. Januar, organisiert von einem parteiübergreifenden Bündnis, zeugt von der fairen Auseinandersetzung und dem gemeinsamen Verwehren gegen Hass und Ausgrenzung und für den Einsatz einer pluralistischen und offenen Gemeinschaft! Darüber, dass Kriegsgeflüchteten durch einen gestärkten breiten Konsens geholfen wird, dass sich Menschen ehrenamtlich in der freiwilligen Feuerwehr, im THW, bei Datteln ist bunt, bei den Omas gegen Rechts sowie bei sozialen Trägern wie z.B. der Lebenshilfe, Caritas oder Diakonie, bei dem DRK, in der Suchtberatungen, in Kultur und Sporteinrichtungen und in vielen anderen Bereichen einsetzen!
All dieser Einsatz für das Gemeinwohl ist Ausdruck gelebter Demokratie! Und ich möchte auch allen hier vertretenen Fraktionen danken. Wir sind uns oft uneins. Es muss diese politischen Diskurse und Reibungspunkte geben. Das zeigt uns allen, dass hier nicht abgenickt, sondern politisch gehandelt wird. Aber wir diskutieren fair und wir respektieren den anderen. Das gilt es weiterhin zu bewahren. Jedem und jeder, die daran Anteil haben, danke ich!


Lassen sie uns also den Blick auf die Zukunft richten, unser kommunales Handeln optimieren, notwendige Maßnahmen vornehmen, unsere Gebäude sanieren, Natur- und Umweltschutz voranstellen, unsere Demokratie weiter stärken und alles Notwendige dafür tun, dass wir in einigen Jahren mit weisem Blick zurückschauen können und sagen: ja, wir haben alles versucht und es war gut!

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