Irrsinn, Unsinn, Wahnsinn
Neues Flüchtlingsheim in Datteln
19.02.2018
Man sollte meinen, dass veränderte Rahmenbedingungen dazu führen, dass politische Entscheidungsträger und umsetzende Verwaltungen zum Umdenken bereit sind und ihr Handeln an die neue Situation anpassen können. Ist ein Projekt aber einmal geplant, gibt es kein Zurück mehr – es muss umgesetzt werden.
Nun kristallisiert sich in diesen Wochen immer deutlicher heraus: Beim Thema „Unterbringung von Geflüchteten“ gibt es in Nordrhein-Westfalen leider keine vernünftige überörtliche Planung und Ordnung. Unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise von 2015 hat man in Stadt und Land offenbar mit irrsinnigen Planzahlen gerechnet, munter wurden teure und langfristige Verträge für zusätzliche Flüchtlingsheime abgeschlossen, ohne Rücksicht auf die aktuelle Entwicklung. Landauf, landab hat man Gebäude für Geflüchtete bereitgestellt, von denen heute viele leer stehen. Dieses landesweite Organisationschaos fällt jetzt der Stadtverwaltung Datteln massiv finanziell auf die Füße. SAT 1.NRW greift jetzt das Thema in einem Bericht auf, der im NRW-Regionalprogramm gesendet wurde.
19.02.2018, SAT1.NRW
In Datteln soll für 4 Millionen Euro ein neues Flüchtlingsheim gebaut werden. Das sorgt deshalb für Unverständnis, da in den umliegenden Städten und Orten Flüchtlingsunterkünfte vorhanden sind, die komplett leer stehen. Lisa Wischer wollte eine Antwort, warum neu gebaut werden muss, wenn es doch leere Plätze gibt – und die Antwort - für viele wohl wenig verständlich:
Die Bagger sind in Datteln längst da, aber nur rund 22 km Luftlinie entfernt steht diese Flüchtlingsunterkunft hier in Dortmund komplett leer, und nicht nur die – vier weitere gibt es, die nicht belegt sind. Verstehen kann das in Datteln niemand so richtig:
„Dann sollen sie erst die besetzen, die leer stehen, und nicht neu bauen, weil das sind alles Steuergelder, die da verpulvert werden.“
„Warum soll man das Geld dafür rausschmeißen, man könnte dafür Kleidung kaufen, Essen und alles Mögliche.“
„Ich denk mal, dann sollte man die Leute erstmal dahin tun, wo frei ist, weil genug freie Wohnungen haben wir eigentlich auch noch.“
Doch warum werden die Flüchtlinge nicht einfach umverteilt? Die Stadt Datteln verweist uns an die Bezirksregierung Arnsberg. Dort erfahren wir, dass jede Kommune eine individuell vereinbarte Zahl von Flüchtlingen aufnehmen muss, um nicht eine Stadt mehr zu belasten als die andere. Weiter heißt es: „Sobald die Kommune, die kurzzeitig keine Menschen zugewiesen bekommt, jedoch nicht mehr ihr Aufnahmesoll erfüllt, bekommt sie wieder neue Zuweisungen. Dann stehen auch die Einrichtungen nicht mehr leer.“
Aktuell geht aber die Zahl der Neuankömmlinge in NRW immer weiter zurück. Datteln soll jetzt Platz für circa 140 schaffen, zur Zeit gibt es aber nur 50 Flüchtlinge, die provisorisch in Containern untergebracht sind. Viele Städte, wie zum Beispuel Essen, reißen ihre Unterkünfte deshalb ab oder versuchen sie anderweitig zu nutzen oder zu verkaufen. Denn die leer stehenden Gebäude fressen Heiz- und Instandhaltungskosten. Für einige zahlen die Städte auch noch Mieten, weil die Verträge noch laufen. Außerdem gibt es allein in den Einrichtungen, die das Land betreibt, aktuell 4500 sogenannte Stand-by-Plätze, die eingesetzt werden können, wenn neuer Bedarf besteht.
In Datteln ist das Ganze aber noch verrückter, denn die neue Unterkunft, die gebaut werden soll, ist vorerst nur für drei Jahre genehmigt. Sind die um, droht also sofort wieder der Abriss des Millionenbaus. Für Theodor Beckmann von den Grünen Steuergeldverschwendung:
„Das ist unserer Meinung nach fahrlässig, weil es ist ein Festbau. Und er soll fast vier Millionen Euro kosten, das scheint uns unangebracht zu sein.“
Neubau in der einen, Leerstand in der anderen Stadt. Verstehen kann man das nur schwer.