Stoppt den Flächenfraß!
25.10.2021
Bürgermeister Dora bezeichnet die Zustimmung zur Sitzungsvorlage „Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 100 - newPark (erster Bauabschnitt) - Hier: Beschluss zur förmlichen Beteiligung der Öffentlichkeit“ einen „formalen Beschluss“, auch die Vertreter von SPD und CDU erhoffen sich eine Attraktivierung der Kommune und steigende Steuereinnahmen. In unseren Augen ist dieser Beschluss ein fatales Signal an die bundesdeutsche Klimagerechtigkeitsbewegung. Flächenfraß ist niemals mit Klimaneutralität in Einklang zu bringen. In den öffentlich-rechtlichen Medien werden erste kritische Stimmen gegen das Vorhaben laut, Es ist zu befürchten, dass sich Datteln erneut zur Lachnummer der Nation entwickelt.
Es war eine Idee, die niemals so richtig zündete, die Entwicklung der ehemaligen Dortmunder Rieselfelder am Rande des Ruhrgebiets in ein Industriegebiet von landesweiter Bedeutung für großflächige industrielle Nutzung. Bis heute wird betont, die Aufgabe der Planung bestehe darin, das Ziel der Landesplanung umzusetzen, nämlich die Verwirklichung eines landesbedeutsamen Standortes für flächenintensive Großvorhaben. Der Standort „Ehemalige Dortmunder Rieselfelder“ ist „für raumbedeutsame Vorhaben mit besonderer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen vorbehalten, welche industriell geprägt sind und einen Flächenbedarf von mindestens 50 ha haben.“
Zwar wurden im Laufe der Jahre so bekannte Namen wie BMW oder Heidelberger Zement als potentielle Interessenten präsentiert, verwirklichen ließ sich davon aber nichts. Denn diese Idee des ehemaligen Geschäftsführers der IHK Karl-Friedrich Schulte-Uebbing aus den 1990er Jahren basierte von vornherein auf unrealistischen Annahmen und Vorgaben. Weil dieses Projekt so viele Widersprüche in sich vereint, kam die Entwicklung der Idee nur langsam voran. Landesplanung, Regionalplanung, der Kreis und die Kommune wussten um die Brisanz der dem Projekt innewohnenden Probleme; sie taten sich deshalb schwer, die nicht zu überwindenden Widersprüche zumindest scheinbar aufzulösen. Doch die gesetzlichen Vorgaben und rechtlichen Rahmenbedingungen lassen sich auch durch wohlklingende Worthülsen nicht außer Kraft setzen.
Zubetonierte Landschaft
Die Planungen des NRW-Gesetzgebers aus dem letzten Jahrhundert sahen in den ehemaligen Rieselfeldern eine Vorratsfläche für industrielle Großprojekte von landesweiter Bedeutung vor, die nicht kleinteilig verramscht werden sollten. Da sich solche Großprojekte aber nicht so häufig abzeichnen, wurde für dieses Gebiet eine Konzeption erfunden, die keiner versteht: Industrie 4.0.
Für eine Firmenansiedlung verlangt der jetzt fertiggestellte Plan nurmehr eine Flächengröße <3 ha. Von einer herausragenden Sonderstellung dieses kostbaren Areals, die der Gesetzgeber einst dieser Fläche zugewiesen hat, ist also nichts mehr übrig geblieben. Jedes beliebige Gewerbegebiet in NRW, selbst in Datteln auf der Konversionsfläche Datteln 1-3, bietet ähnliche Flächengrößen, nur dass sie zumeist auf revitalisierten ehemaligen Industriebrachen liegen und keine neuen naturnahen Flächen „fressen“.
Grüne Politik in Datteln wehrt sich dagegen, dass in unserer Stadt aus noch immer landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen versiegelte Flächen werden, die niemand nachfragt.
Grüne Politik in Datteln kann nicht zulassen, die Versiegelung weiterer unbebauter Flächen hinzunehmen, wenn wir Sommer für Sommer erleben, in denen Menschen, Tiere, Bäume und Pflanzen von Hitze geplagt werden oder gar zugrunde gehen.
Grüne Politik in Datteln fordert, dass ungebremster Flächenfraß und Versiegelung wirksam eingedämmt werden müssen, denn wenn uns das nicht gelingt, dann brauchen wir in wenigen Jahrzehnten keine Gewerbe- und Industriegebiete mehr, weder im newPark noch sonst wo.
Denn der Flächenfraß verletzt die Rechte der Natur wie auch die künftiger Generationen.
Um der Bevölkerung das in die Jahre gekommene Projekt „newPark“ schmackhaft zu machen, entwerfen seine Macher jetzt grüne und saubere Bilder, auf denen wenig Gebäude und viele Bäume und Sträucher zu sehen sind. Umgeben von grünen Wiesen und Wäldern, durchzogen von baumbestandenen Alleen und blumenreichen Grünflächen, fügen sich die Bauten aus Beton, Glas und Stahl ein in die intakte Natur, die anzusiedelnden Unternehmen produzieren ohne ernstzunehmenden Schadstoffausstoß, die Mitarbeiter kommen alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad zur Arbeit.
Bildnachweis: Graphiken erstellt im Auftrag der newPark GmbH füt die "Dokumentation und Erläuterung der Planungsleistungen Freianlagen für die Leistungsphasen 1 und 2, Mai 2014" von Mueller + Partner Landschaftsarchitekten BDLA, Willich
Seit Jahren pochen die Befürworter des newParks auf die Schaffung von bis zu 9000 neuen Arbeitsplätzen. Dass dieser Wunschtraum auf einem dubiosen Gutachten aus dem Jahre 2012 basiert, das zu diesem Fazit unter Vorspiegelung völlig falscher Voraussetzungen kam, ist längst in Vergessenheit geraten. Unter den erschwerten Bedingungen der koronabedingten Veränderungen unseres Wirtschaftslebens seit dem Krisenjahr 2020 und den gewaltigen neuen Anforderungen aufgrund des unaufhaltsamen von Menschen gemachten Klimawandels dürfte dieser Wunschtraum endgültig wie eine Seifenblase zerplatzt sein.
newPark: Ein Projekt voller Widersprüche
Die Inhalte des Bebauungsplanes 100 der Stadt Datteln stehen in fundamentalem Widerspruch
Die Ratsvertreter sollen in dieser Woche die förmliche Beteiligung der Öffentlichkeit beschließen, ohne genau zu kennen, was genau offengelegt werden soll: Bedeutsame Teile des offenzulegenden Entwurfs des Bebauungsplans für die förmliche Beteiligung fehlen noch:
Die Wählergemeinschaft Die Grünen lehnt die heute vorgelegten Planungen zur Verwirklichung eines eigentlich „landesbedeutsamen“, aber unterdessen veralteten und auf Normalmaß gestutzten Großprojekts namens newPark zwar aus prinzipielleren Erwägungen ab, doch sie kann den anderen Fraktionen nur raten, dass, auch weil längst nicht alle aufgeführten Gutachten und Stellungnahmen als Anlagen zum Vorentwurf des Bebauungsplans einsehbar sind, Ausschuss und Rat davon Abstand nehmen sollten, einen Offenlegungsbeschluss zu fassen. (Stand 21.10.2021).
Außerdem erscheint es wenig sinnvoll, hier und heute die Regelungsinhalte des städtebaulichen Vertrages ohne die abgeschlossene Bearbeitung aller Begutachtungen zu fixieren.