Kindergartenbedarfsplanung 2021-2023
Ungedeckter Bedarf?
13.07.2021
Im Jugendhilfeausschuss (01.07.2021) hat die Leitung des Jugendamtes Entwarnung signalisiert und einen entspannten Blick in die Zukunft geworfen: das Angebot und die Nachfrage nach Plätzen in den Dattelner Kindertageseinrichtungen würden in den nächsten drei Jahren problemlos in Einklang zu bringen sein. In diesem Sommer könne das bestehende Defizit von 34 Plätzen im ü3-Bereich durch die Einrichtung von zwei Übergangsgruppen (1 x Typ I mit 20 Plätzen und 1 x Typ III mit 25 Plätzen) in der ehemaligen Mosaikschule fast ausgeglichen werden, im nächsten Jahr sei dann mit der Erweiterung des Städtischen Bewegungskindergartens (2x Typ I = 40 Plätze), der Erweiterung der Kath. Kindertageseinrichtung Marienau um eine 3. Gruppe (Typ I = 20 Plätze) und dem Bau einer bis zu 5 gruppigen Kindertageseinrichtung (Ratsbeschluss vom 24.06.2020) zu rechnen. Wo gebaut werden und wann Baubeginn sein soll, darüber gab es aber keine keine weiteren Informationen. Im Ausschuss blieb der allgemeine, weithin hörbare lautstarke Aufschrei der Mitglieder aus, es gab kaum Zweifel an den Beteuerungen der Verwaltung, die diesen ambitionierten Plan zur Versorgung der Kinder mit Kindertagesstättenplätzen aufgestellt hat. Dass aktuell 60 Plätze für u3 Kinder fehlen, beunruhigt im Jugendamt jedoch niemand, weil die Erfahrung gezeigt habe, dass sich Eltern, die ihren Wunschplatz für ihr Kind dieser Altersgruppe nicht zugeteilt bekommen, in den allermeisten Fällen gedulden; in der Regel warten sie, bis in der KiTa ihrer Wahl ein Platz frei wird.
Aufgrund der in derselben Sitzung gegebenen Informationen über den Stand der Vorbereitungen eines „Hauses der Familie“ stellt sich jedoch die bange Frage:
Wie kann es gelingen, den geplanten und bereits vor einem Jahr (am 24.06.2020) vom Rat beschlossenen Bau einer 5 gruppigen Kindertageseinrichtung termingerecht im Sommer 2022 zu eröffnen?
Von Bürgermeister André Dora als Haus konzipiert, das „von den Frühen Hilfen bis zur Kindergartenbetreuung, den Spezialdiensten und einem Jugendcafé alles unter einem Dach vereint“, konnten sich alle Beteiligten und Betroffenen in der recht verhalten stattfindenden öffentlichen Debatte bis heute weder auf einen Standort noch auf ein abgestimmtes Konzept für diese Einrichtung einigen.
Die Umsetzung eines ganzheitlichen Ansatzes, so wie er Bürgermeister André Dora vorschwebt, bedarf möglicherweise einer intensiven und auch langwierigen Beschäftigung mit allen Teilbereichen und Arbeitsfeldern der Jugendhilfe, die Einbeziehung auch der Gesundheitsförderung und der Berufsorientierung. Denn es ist unabdingbar, dass wir uns zuerst um eine qualitative Ausarbeitung und Konzeption des Hauses der Familie kümmern und es mit Leben füllen, bevor wir ans Bauen gehen. Wir müssen doch zuerst wissen, wie viele Büros, Gruppenräume, Veranstaltungs- und Aufenthaltsorte, wie viel Außen-, Grün-, Spielfläche wir brauchen für die jeweiligen Zielgruppen und Angebote, bevor wir ein Gebäude an einem Ort errichten und riskieren, dass es zu klein, zu groß oder am völlig ungeeigneten Ort ist.
Dem steht jedoch der kurzfristige Bedarf von 100 Betreuungsplätzen für ungefähr 100 u3- und ü3-Kinder im Sommer 2022 gegenüber. Wie ist dieses Dilemma aufzulösen?
Deshalb: Auch wenn das Jugendamt vordergründig Entwarnung signalisiert, muss lautstark Alarm geschlagen werden, dass die vorgelegten Planzahlen kaum eingelöst werden können. Die hitzigen Debatten in Datteln sollten sich in diesem Sommer eben nicht nur um die sach- und fachgerechte Entsorgung von Pappe und Kartons, um ein dringend notwendiges Taubenhaus oder um abgewiesene Realschüler drehen, sondern sie sollten auch um die drohende Belastung für rund 100 Eltern und ihre kleineren Kinder geführt werden, die im nächsten Sommer ohne Tagesbetreuung dastehen könnten.
Unsere Sprecherin im Jugendhilfeausschuss, Veronika Diring, macht noch einmal klar, wie wichtig der Besuch einer KiTa gerade für Kinder dieser Altersgruppe ist: „Betreuungsplätze für Kinder u3 und ü3 sind existenziell: Es geht nicht nur darum, dass die Eltern wieder arbeiten gehen können. Corona hat Familien schwer getroffen, Überlastung und Burnout bei Eltern sind auf Rekordmaß. Wenn wir uns mal überlegen, was die Coronakrise mit den Kindern macht, was teilweise in den Familien passiert, dann können halb- oder ganztägige Betreuungen zu einer Entzerrung dieser Situationen in den Familien beitragen. Gleichzeitig ist der Besuch eines Kindergartens auch einer der ersten frühkindlichen Bildungseinrichtungen: Soziale Kompetenzen, die Förderung der deutschen Sprache und Zugang zu diversen Bildungsinhalten sind grundlegende Bausteine mit nachhaltigen Auswirkungen, wenn wir dann an den Übergang in die Grundschule denken.“