„Unverzüglich“
Wie die Menschen den Mauerfall erlebten
11.11.2024
Rund um den 9. November fuhr eine kleine Delegation aus Datteln in unsere Partnerstadt Genthin. Es galt, ein Zeichen für die Städtepartnerschaft und ein Miteinander von Ost und West zu setzen. Anlässlich des 35. Jahrestages des Mauerfalls würdigte unser Besuch die Bedeutung der friedlichen Revolution und den lang ersehnten Freiheitsgewinn der Menschen in der DDR. Denn dieses historische Ereignis markierte im bewegten Herbst 1989 einen Wendepunkt in der deutschen Geschichte; es war der Beginn einer Entwicklung, die weniger als ein Jahr später zur Wiedervereinigung von Ost und West und eben auch zur Städtepartnerschaft zwischen Datteln und Genthin führte.
Unser Tag in Genthin war tagsüber - auf einer Tour mit einem alten Bus vom Typ ROBUR LD (Baujahr 1980) durch die Genthiner Ortsteile - geprägt von Begegnungen mit Menschen aus Genthin, mit denen wir in den Ortschaften zusammentrafen.
Gleich bei unserem ersten Stopp im Ortsteil Schopsdorf trafen wir Friedrich Rosenthal, Landwirt, Imker und Tierarzt vom Ökohof Fläming, hier in der Mitte zwischen Daniel Toschke und Theo Beckmann.
Im Ortsteil Tucheim informierte der Ortsbürgermeister uns über das bedeutende Naturschutzgebiet Fiener Bruch; dieses Schutzgebiet ist eines der letzten Brutgebiete für die Großtrappe in Deutschland. Weitere Stationen unserer Rundreise umfassten die Leinölmühle in Parchen, wo bis heute frisches Leinöl hergestellt wird, und das historische Preußenhaus in Mützel.
Abends - im Kulturzentrum Lindenhof - trafen sich zahlreiche Zeitzeugen von 1989 und erzählten ihre ganz persönliche Geschichte der sich damals überschlagenden Ereignisse. Die Veranstaltung stand unter dem Titel "Unverzüglich" - nach den berühmten Worten des Presseverantwortlichen der DDR, Günther Schabowski. Außer uns waren Engagierte aus den Kirchen, Gäste aus der Politik, Menschen aus der Stadt Genthin, Schülerinnen von damals eingeladen. Moderiert von Ulrich Wittstock warfen sie alle einen ganz persönlichen Blick auf einen ganz besonderen Tag, auf eine besondere Nacht, auf eine geschichtsträchtige Phase der deutschen und internationalen Politik.
Willi Kraning (li.), Thomas Begrich mit Ulrich Wittstock und Annemarie Büttner (Mitte), Bernhard Horn (re.)
Zu all ihren Hoffnungen und Befürchtungen sprachen Willi Kraning, damals katholischer Pfarrer an St. Marien in Genthin, Annemarie Büttner von der evangelischen Kirchengemeinde St. Trinitatis und Mitorganisatorin der friedlichen Proteste im Herbst 1989, der evangelischen Oberkirchenrat i. R. Thomas Begrich (damals Gründer des Neuen Forums in Genthin) und Bernhard Horn (SPD), der erste frei gewählte Bürgermeister in Genthin nach der Wende.
Die Dattelner Delegation beim Interview: André Dora, Theodor Beckmann, Ulrich Wittstock (Moderator), Rosi Schlosser, Jochen Lehmann, Daniel Tioschke © Thomas Schäfer, Genthiner Volksstimme)
An diesem Abend entstand ein Stück kollektives Gedächtnis der beiden Städtepartner mit Material zur Wendezeit, das künftigen Generationen zur Verfügung stehen soll.