Warten auf bezahlbaren Wohnraum
29.05.2024
Nicht nur Datteln bräuchte dringend mehr Wohnraum, vor allem bezahlbaren. Die Grüne Jugend in NRW rebelliert gegen die Wohnungspolitik in Land und Bund, denn die Zahl der errichteten öffentlich geförderten Wohnungen ist viel zu gering. In ihren Augen ist Wohnen ein Grundrecht, das verstärkt durch öffentliche Hilfen gestärkt werden müsse, weil für immer mehr Menschen Wohnen unbezahlbar geworden ist. Angesichts der hohen Klima-Standards für Neubauten, den drastisch gestiegenen Baukosten und gestiegenen Zinsen halten sich Investoren aber im Wohnungsbau aktuell sehr zurück. Deshalb leiden vor allem junge Familien, Alleinerziehende und auch Rentnerinnen und Rentner unter den hohen Mieten, finden kaum eine bezahlbare Wohnung mit Wohnberechtigungsschein.
Neubauten an der Geschw.-Tenkhoff-Straße
Auch in Datteln ist Wohnraum knapp und daher heiß umkämpft.
Das aktuell gültige „Gutachten zum Wohnraumbedarf in der Stadt Datteln“ stammt aus dem Jahr 2020. Damals hieß es: „In Datteln soll künftig mehr kommunaler und öffentlich geförderter Wohnraum entstehen.“ Als konzeptionelle Grundlage erarbeitete das Büro „ALP – Institut für Wohnen und Stadtentwicklung GmbH“ eine kleinräumige Analyse zur Ermittlung der Bedarfe sowie eine Standortanalyse: In seinem Fazit sah der Gutachter den dringenden Handlungsbedarf, die konzeptionellen und planungsrechtlichen Rahmenbedingungen für den Neubau von 1.000 Wohnungen zu schaffen. Insbesondere für das Handlungsfeld bezahlbarer Wohnraum wurde empfohlen, beim Neubau im Mehrfamilienhaussegment eine Mischung von freifinanzierten und belegungsgebundenen Wohnungen anzustreben. Im preisgünstigen Wohnungsangebotssegment gebe es vor allem eine Nachfrage nach kleinen und mittelgroßen Wohnungen mit barrierearmer, seniorengerechter Ausstattung an integrierten Standorten mit einer guten und zukunftsfähigen Grundversorgung.
Planungen beschleunigen
Viel ist seitdem allerdings nicht geschehen. Vor allem der im November 2019 mit vielen Vorschusslorbeeren auf den Weg gebrachte Bebauungsplan 125 für die Fläche des ehemaligen Ostringstadions kommt nicht voran, z.B. die angedachte Errichtung von 50 familiengerechten Einfamilienhäusern in flächenschonender Bauweise oder die Errichtung von 150 Wohnungen in Geschossbauweise mit Anteilen öffentlich geförderter Wohnungen zur Verbesserung der Wohnungsversorgung für Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen. Und auch für das Gebiet des B-Planes 22 – Marienstraße / Meckinghover Weg, einschließlich der südlichen Erweiterung, rechnet die Stadt mit einer Anzahl von insgesamt etwa 240 neu zu errichtenden Wohneinheiten. Zuallerletzt ist am Rande des Datteler Bergs II eine Nachverdichtung vorgesehen. Rat und Verwaltung der Stadt Datteln streben an, die Fläche an der Redder Straße, Ecke Kardinal-von-Galen-Straße, auf der früher das Wohnhaus der Familie Danielsmeier stand, für Wohnungsbau (freifinanziert als auch gefördert) zu entwickeln.
Neubauten an der Marienstraße
Hoffnung auf wachsende Zahl an Wohnungen
Natürlich ist auch in den vergangenen fünf Jahren in Datteln neuer Wohnraum geschaffen worden, am sichtbarsten in Meckinghoven an der Geschw.-Tenkhoff-Straße oder in Horneburg an der Schloßstraße. Und die dort heimisch gewordenen Familien mögen an anderer Stelle Wohnungen verlassen haben, die dann von Wohnungssuchenden bezogen werden konnten. Allerdings ist kaum anzunehmen, dass diese Wohnungswechsel „zur Verbesserung der Wohnungsversorgung für Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen“ beigetragen haben.
Neuerdings lassen die unterschiedlichsten Meldungen jedoch Hoffnung aufkeimen, dass die Neubautätigkeit in Datteln zunimmt, In Hachhausen baut die
Geschwister-Zabel-Stiftung, am Südring steht die Sanierung des Hochhauses durch die
Sucasa-Gruppe kurz vor seiner Vollendung, an der Ahsener Straße wollen
Großhanten und Huthwelker das Gebiet hin zum Schemm-Parkplatz bebauen, in Meckinghoven hat die
Bernemann Bau GmbH mit den Vorbereitungen für ein Bauvorhaben begonnen, an der Marienstraße wird weitergebaut. Pläne für weitere Neubauten haben die
Stadt Datteln vorgelegt für die Fläche der ehemaligen Ringschule am Südring und die
Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) für die Fläche an der Magdalenenstraße, und last but not least berichten die Medien über die Absichten der
Höckmann Immobilien, an der Schachtstraße ein großes neues Wohngebiet zu erschließen.
Handeln in sozialer Verantwortung
Mit den Bauarbeiten an der Holtbredde in Hachhausen wurde bereits im Mai 2023 begonnen. Im Mittelpunkt dieses Projektes steht die Schaffung bezahlbaren Wohnraums für Dattelner Bürger. Unter Federführung von Architekt Gerd Huthwelker investiert die Zabel-Stiftung hier mehrere Millionen, um neuen Wohnraum entstehen zu lassen, der in Datteln dringend benötigt wird. In drei Bauabschnitten entstehen kleine, aber feine Wohnungen und Reihenhäuser, die sich Personen mit geringem Einkommen und junge Familien leisten können. Der Großteil des neuen Wohnraums, der dort entsteht, wird mit öffentlichen Mitteln von Bund und Land gefördert. Neben mehreren Mehrfamilienhäusern entstehen so auch drei Einfamilien-Reihenhäuser mit jeweils 120 Quadratmetern Wohnfläche. Der Mietpreis für die öffentlich geförderten Wohnungen soll bei 6,15 Euro pro Quadratmeter liegen, die größeren, frei finanzierten Wohnungen sollen für einen Mietpreis zwischen zehn und elf Euro angeboten werden.
Vom Schandfleck zum Schmuckstück
2021 hat die Sucasa-Gruppe aus Lengerich das Hochhaus am Südring 282 gekauft und es seither aufwändig saniert. Von der Fassade über die Fenster bis zu den Versorgungsleitungen musste alles erneuert werden. Insgesamt verfügt das Hochhaus über eine Wohnfläche von circa 3600 Quadratmetern. Nach Angaben der Geschäftsführung können in Kürze dort 47 Wohnungen mit Größen zwischen 65 und 85 Quadratmetern bezogen werden. Da das Projekt frei finanziert wurde, werden die Mieten sicherlich über zehn Euro pro Quadratmeter liegen.
Neuer Wohnraum am Schemm
Bis Mitte 2026 will das Recklinghäuser Unternehmen Wohnbau Großhanten/Huthwelker das ehemalige Rottmann-Gelände an der Ahsener Straße bebauen. Bereits seit Ende 2022 befasst es sich mit der Planung für das rund 5200 Quadratmeter große Innenstadt-Areal. Die zuletzt vorgestellten Pläne sehen drei Bauabschnitte vor: Gestartet wird in dem Bereich zum Schemm-Parkplatz, und zwar mit dem Bau von elf Eigentumswohnungen in der Größenordnung zwischen 68 und 121 Quadratmetern. Diese Wohnungen sind frei finanziert, somit überrascht nicht, dass als Verkaufspreis 4200 Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden. In einem zweiten Bauabschnitt wird entlang der Ahsener Straße ein viergeschossiges Gebäude mit 24 öffentlich geförderten Mietwohnungen (zwischen 48 und 92 Quadratmetern groß) durch einen Investor errichtet. Zielgruppe für diese Wohnungen sind Alleinstehende und Familien. In einem späteren dritten Abschnitt sollen dann noch kleine Wohnungen mit einer Größe von 50 Quadratmetern entstehen.
Mehrfamilienhäuser in Meckinghoven
Am Neuen Weg / Ecke Dahlstraße werden in absehbarer Zeit mehrere Mehrfamilienhäuser entstehen. Zunächst errichtet die Beckmann GbR ein Wohnhaus mit 8 barrierefreien Mietwohnungen mit Größen von 52 bis 74 qm, gefördert mit Mitteln des Landes NRW und des Bundes. Anschließend wird die
BIN Bernemann Immobilien Neubau GmbH mit der Konzeption, dem Bau und dem Verkauf von neuem Wohnraum beginnen. Es ist geplant, an der Dahlstraße zwei Mehrfamilienhäuser mit jeweils 19 Wohnungen zu bauen, in dem einen Gebäude sind öffentlich geförderte Wohnungen vorgesehen, in dem anderen frei finanzierter Wohnraum.
Öffentlich geförderter Wohnungsbau am Neuen Weg
Inklusion leben
Das Neubauprojekt des Dattelners Nico Knodel auf dem früheren Gelände von Mercedes Schopp an der Kreuzung von B 235 und Industriestraße steht unter dem Motto „Inklusion leben“. Die NTK Immobilien GmbH will dort 110 neue Wohnungen errichten. 65 bis 70 Prozent davon sollen sozial geförderte Wohnungen werden. Der Rest wird frei finanziert.
Auf dem Gelände sollen insgesamt fünf Gebäude entstehen. Die Planungen sehen vor, den höchsten, fünfgeschossige Neubau direkt an der Kreuzung zu errichten. Die übrigen Gebäude sollen vier Geschosse haben. 9000 Quadratmeter Wohnfläche werden dort geschaffen. Der Schwerpunkt liegt bei Zwei- bis Dreizimmer-Wohnungen. Es gibt aber auch Einraum-Apartments sowie Wohnungen mit vier bis fünf Zimmern.
Neben einer großen Tiefgarage mit direkten Zugängen zu den einzelnen Gebäuden überzeugt die Planung mit einem großen Grün-Bereich in der Mitte der fünf Gebäude als verkehrs- und autofreier Ort der Begegnung und des Miteinanders für die Mieter. Alle Gebäude sollen mit einer Photovoltaik-Anlage versehen werden.
Das Projekt soll in zwei Bauabschnitten realisiert werden, mit einer Bauzeit von jeweils zwei Jahren. Geplant ist, zunächst die Gebäude an der B 235 zu errichten.
Wohnen am Wasser
Auf dem Areal der ehemaligen Ringschule wird neben dem Haus der Familie und einer Quartiersgarage auch an die Schaffung von etwa 50-60 Wohnungen gedacht, zum einen in den Etagen über der Kita und den Büros des Jugendamtes, zum anderen in einem separaten Wohngebäude am Mühlenbach. Dabei spielt in den Überlegungen der Planer die Umsetzung geförderten Wohnraumes eine wichtige Rolle. Die Errichtung kann eventuell über ein Investorenmodell oder die SEG (ähnlich wie an der Wagnerstraße) erfolgen.
Baupläne für das Gelände der alten Turnhalle in Datteln-Horneburg
An der Magdalenenstraße in Horneburg plant die Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) im Auftrag der Stadt Datteln ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohneinheiten: Im Erdgeschoss sowie im ersten Obergeschoss des nicht unterkellerten Gebäudes sollen jeweils zwei Wohnungen mit je 62 Quadratmetern sowie zwei Wohnungen mit je 47 Quadratmetern entstehen. Im zweiten Obergeschoss soll es zwei Wohnungen mit Dachterrasse geben. Erreichbar sind alle Etagen über einen Aufzug. Der Mietpreis für diese öffentlich geförderten Wohnungen soll bei 6,20 Euro pro Quadratmeter liegen.
Im hinteren Bereich des Geländes werden seitens der Stadt drei Kaufgrundstücke angeboten, auf denen drei Atrium-Bungalows gebaut werden dürfen. Hier allerdings gilt zu beachten: Beim Bau der Bungalows müssen sich die Käufer an die Pläne der Stadt halten.
Vom Pütt-Gelände zum modernen Wohnquartier
Alle zuvor vorgestellten Bauprojekte werden durch die neuesten Absichten der Höckmann Immobilien aus Holzwicke um ein Vielfaches übertroffen: Auf 31.600 Quadratmetern Fläche sollen in den nächsten Jahren neun Wohngebäude mit 188 Wohnungen mit 14.800 Quadratmetern Wohnfläche entstehen. Wenn Stephan Höckmanns Pläne Realität werden, dann entwickelt sich das alte Zechengelände von Emscher-Lippe zum modernen Wohnquartier und wird in wenigen Jahren mehr als 620 Menschen ein neues Zuhause bieten. Vor allem soll es Menschen ein Zuhause mit bezahlbaren Mieten bieten, denn die Wohnungen, die dort entstehen sollen, sind alle öffentlich gefördert.
Im Einzelnen sehen die konkreten Details der Planung vor, in dem neuen Quartier einen Wohnungsmix von kompakten Singlewohnungen bis hin zur großzügigen Familienwohnung mit fünf Zimmern zu schaffen. Dieser Mix, der in drei unterschiedlichen Gebäudetypen (drei- bzw. viergeschossig) angeboten wird, sieht wie folgt aus: 16 Einzimmerwohnungen, 26 Zweizimmerwohnungen, 56 Dreizimmerwohngen, 63 Vierzimmerwohnungen und 27 Fünfzimmerwohngen mit Größenordnungen zwischen 43/39 und 102/106 Quadratmetern Wohnfläche. Die Mieten sollen zwischen 6 und 8 Euro pro Quadratmeter liegen.
Für das neue Wohnquartier ist ein neuer Bebauungsplan erforderlich. Den möchte Höckmann Immobilien unter Beteiligung der Stadt von Fachbüros erstellen lassen. Der Immobilienunternehmer hofft, bis Ende 2025 die Baugenehmigung zu haben. Baustart wäre dann 2026, die neuen Gebäude sollen dann nach 16 Monaten stehen.
Erschwingliche Mieten im sozialen Wohnungsbau
All diese erfreulichen Nachrichten sollten nicht vergessen lassen: Datteln bräuchte dringend mehr Wohnraum, vor allem bezahlbaren. Auch wenn neue Sozialwohnungen im Bau bzw. in der Planung sind, so kommt gerade im Hinblick auf bezahlbaren Wohnraum auf die Wohnungssuchenden hier vor Ort ein weiteres Problem zu, denn für hunderte Sozialwohnungen in Datteln laufen in den nächsten zwei Jahren die Bindungsfristen aus. Aktuell gibt es im Stadtgebiet Datteln 864 Mietwohnungen, die über die Mittel der sozialen Wohnungsbauförderung finanziert wurden. Darüber hinaus wurden 84 Objekte als selbst genutztes Wohneigentum über die Mittel der Wohnungsbauförderung finanziert.
Bleibt zu hoffen, dass, wenn viele der vorhandenen Sozialwohnungen in naher Zukunft wegen der ausgelaufenen Bindungsfrist nicht mehr zur Verfügung stehen, die neu errichteten öffentlich geförderten Bauten diesen Ausfall ersetzen können. Nur so kann erreicht werden, dass der anhaltende Druck auf bezahlbaren Wohnraum die Mieten im Allgemeinen nicht ansteigen lässt. Denn vor allem junge Familien, Alleinerziehende und auch Rentnerinnen und Rentner leiden unter den hohen Mieten, wenn sie keine bezahlbare Wohnung mit Wohnberechtigungsschein finden.
Jetzt lesen:
Modell-Haus der Zabel-Stiftung an der Holtbredde (Dattelner Morgenpost 24.02.2024)