Diese Woche haben sich zwei Senioren zu Wort gemeldet mit Argumenten, die bereits vor zwei Jahren vorgetragen wurden und schon damals nicht den Nerv der Mehrheit getroffen und deshalb keine Zustimmung gefunden haben: durch zusätzliche moderne Verkaufsflächen werde der Leerstand in der Hohe und Castroper Straße beseitigt, durch zusätzliche Konkurrenz werde sich die Zahl der Ladenlokale in der Dattelner Innenstadt insgesamt steigern lassen. Das haben die Dattelner, wie die 4000 Unterschriften gezeigt haben, schon damals nicht geglaubt. Warum sollten sie heute daran glauben?
Ratsherr Walter Deckmann wirft den Oganisatoren des Bürgerbegehrens von 2016 heute vor, dass sie „als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet“ seien. Seniorenbeirat Wilfried Krull lobt seinen eigenen Weiterbildungseifer und spricht den in der „Initiative Datteln“ engagierten Kaufleuten und Immobilienbesitzern jegliche Kompetenz ab: sie seien „mit ihren Informationsquellen und ihrem in der Initiative "Leerstand verhindern" angewendeten Wissensstand für die Planung einer zukunftsgerechten Innenstadt nicht ausreichend kompetent genug“.
Können da zwei ältere Herren nicht verkraften, in einem politischen Diskurs unterlegen gewesen zu sein? Sehen sie jetzt die Zeit gekommen, alte Rechnungen zu begleichen?
Dabei sind die Weichen für die Neugestaltung des betreffenden Areals zwischen Ahsener Straße und Schemm längst in eine neue Richtung gestellt: ein Architekt und Investor planen auf dem westlichen Teil der Fläche eine Bebauung mit bezahlbarem Wohnraum; die Stadt mit ihrem neuen Quartiersmanagement hat versprochen, den ebenerdigen Schemm-Parkplatz zu attraktivieren und mit neuen Elementen umzugestalten. Wie immer bei der Stadt, wird dieser Erneuerungsprozess nicht im Schnelldurchgang zu haben sein. Gut Ding braucht halt seine Zeit, in diesem Fall wohl bis 2020. Zufällig sind dann Kommunalwahlen; wer Böses dabei denkt, dass sich der Amtsinhaber im Rathaus von einem solch positiven Schmuckstück Rückenwind für seine Wiederwahl erhofft, kann nur falsch liegen.
Mit Kopfschütteln hat der Sprecher der Wählergemeinschaft Die Grünen Theodor Beckmann auf diese Vorstöße von Herrn Deckmann und Herrn Krull reagiert und seine Gedanken in einem Leserbrief zusammengefasst:
Ehrenamtliche attackieren Ehrenamtliche
Angriffe statt Dialog
Sowohl in Hern Deckmanns als auch in Herrn Krulls Äußerungen (Dattelner Morgenpost vom 24. und 26.02 2018) steckt ein Körnchen Wahrheit, doch sind ihre Angriffe gegen die „Initiative Datteln“ unzutreffend. Auch wenn die Mitglieder dieser Initiative Kaufleute und Immobilienbesitzer sind, so engagieren sie sich in der Initiative in ihrer Freizeit und ehrenamtlich, genauso wie die Ratsvertreter und die Mitglieder des Seniorenbeirats. Das sollte von allen, die sich zu Wort melden, bedacht werden.
Ja, es stimmt: der Leerstand in Datteln ist in den letzten zwei Jahren nicht behoben worden. Es muss aber – zur Ehrenrettung aller aktiv Beteiligten (Stadt, Initiative, Makler) – auch festgestellt werden: das Problem des Leerstands hat sich – trotz der erschwerten Bedingungen für den stationären Handel – in dieser Zeit in Datteln nicht weiter verschärft. Aus Sicht der Wählergemeinschaft Die Grünen muss ergänzt werden: Wäre es zum Bau weiterer zusätzlicher Verkaufsflächen in Datteln gekommen, hätte das zu einer gravierenden Verschärfung des Problems Leerstand in der gesamten Dattelner Innenstadt geführt. Es war gut und richtig, dass aufgrund einer weitsichtigen Entscheidung des Rates diese gefährliche Entwicklung vermieden werden konnte.
Auch Herr Krull hat in einem Punkt sicherlich Recht, wenn er Visionen für die Dattelner Innenstadt 2030 entwickelt: er möchte der Stadt ein „neues Gesicht“ geben, er möchte „der jungen Generation eine Zukunft bieten, in der sie leben und wohnen kann“. Wer möchte das nicht? Deshalb will er eine Innenstadt schaffen „mit enem bunten Angebots-Mix aus Cafés und Geschäften, Kunst und Kultur, sicheren Wegen und Begrünung“. Das wollen wir als Grüne auch. Uns erschließt sich aber nicht, wie mit einem 2500-qm-Einkaufstempel auf dem Schemm-Gelände diese Ziele erreicht werden können.
André Dora spricht (und streitet) mit der Initiative, Herr Deckmann und Herr Krull sprechen (und motzen) leider nur über die Initiative. Ohne jemals das Gespräch mit den Gescholtenen gesucht zu haben, urteilen und verurteilen sie aus der Ferne. Sie sollten – wie der Bürgermeister – aufeinander zugehen statt sich gegenseitig attackieren.
Theodor Beckmann