Sie lebten in unserer Mitte

Sie lebten in unserer Mitte

09.11.2021


Sie hatten ihre Häuser und Wohnungen am Tigg, in der Markt- und Mittelstraße, an der Albert- und Münsterstraße. Sie versorgten die Dattelner Bevölkerung mit Bekleidung und Lebensmittel. Ihre kleine Synagoge stand am Türkenort.

Dattelns Synagoge (kurz nach der Eröffnung im Jahre 1929)

Dreizehn von ihnen wurden im Januar 1942 nach Riga deportiert, die meisten von ihnen wurden im nahe gelegenen Wald von Bikernieki erschossen. Vor dem Einmarsch der Roten Armee wurden die Verbliebenen in das Konzentrationslager Stutthoff bei Danzig gebracht; sie wurden dort ebenfalls ermordet.


Sie lebten mitten unter uns. Bis 1933 prägten sie das Bild der Gemeinde mit – mit ihren Geschäften, mit ihrem Bethaus und mit ihrem Engagement in Schulen und Vereinen. In den Nachbarschaften wurden sie geachtet, man zollte man ihnen den gesellschaftlichen Respekt als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger und als kundenfreundliche Geschäftsleute.


Diejenigen, die nach 1933 nicht so frühzeitig wie die Familie Goldberg die grundlegenden Veränderungen in der sich ständig verschlechternden Stellung der Jüdinnen und Juden in Deutschland wahrnehmen wollten, erfuhren in den Jahren der NS-Herrschaft immer stärkere wirtschaftliche und juristische Einschränkungen bis hin zur Vernichtung in den Lagern von Auschwitz, Theresienstadt oder Riga.


Am 23. Mai 2000 hatten sich 13 deutsche Großstädte zum „Deutschen Riga Komitee“ zusammengeschlossen, um an das grausame Schicksal der Toten von Bikernieki zu erinnern und ihrer ehrenvoll zu gedenken. Schnell errichtete der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. in diesem Waldstück bei Riga eine würdige Gräber- und Gedenkstätte für die Opfer der Deportation in das Rigaer Ghetto. In den Jahren 1941/42 wurden über 25 000 deutsche Jüdinnen und Juden nach Riga deportiert und in ihrer überwiegenden Zahl im Wald von Bikernieki ermordet. Unterdessen haben sich weitere 46 Städte und 4 ausländische Städte in dem Komitee vereint, unter ihnen die Nachbarstädte Recklinghausen, Haltern am See, Marl und Herten.

Riga-Bikernieki: Die Erinnerung wachhalten im "Wald der Toten"

Mit der Unterzeichnung und Überreichung der Beitrittsurkunde durch die Regierungspräsidentin Frau Feller ist jetzt offiziell besiegelt worden, was am 29. Januar 2020 einstimmig vom Rat der Gemeinde beschlossen wurde: die Stadt Datteln wurde in den Kreis der Mitglieder des Städtebündnisses aufgenommen. Der Beitritt zum Deutschen Riga-Komitee ist ein klares Bekenntnis dafür, dass sich Datteln der Erinnerung an die Zeit der Verfolgung und Vernichtung seiner jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger stellt und sich dazu verpflichtet, die Vergangenheit nicht zu vergessen.

Gräber- und Gedenkstätte in Riga-Bikernieki

Im Juli 2019 hat unser Fraktionsmitglied Theo Beckmann die Stadt Riga, das ehemalige Getto und die Gedenkstätten des Komitees u. a. im Wald von Bikernieki besucht. Er war unterwegs auf den Spuren der Dattelner Familien Löwenberg und Rosenbaum, Hecht und Goldberg, von denen einige Familienmitglieder über Recklinghausen und Gelsenkirchen nach Riga deportiert worden waren. Sie hatten Riga am 27. Januar 1942 mit dem Transport aus Dortmund erreicht.

Zum Schicksal unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger:


Nachbarn von nebenan – verschollen in Riga


Eindrücke einer Reise nach Riga im Juli 2019:

Die Erinnerung wachhalten


Ein weiterer Bericht über alle Aspekte der umfassend gestalteten Reise findet sich hier:

Einladende Altstadt, faszinierende Neustadt, beklemmende Vorstadt


In der Dattelner Morgenpost schrieb Fabian Hollenhorst am 31. Juli 2019:

Der "Wald der Toten" und seine 13 Opfer aus Datteln


Der Künstler Gunter Demnig verlegte in Datteln Stolpersteine:

Stolpersteine erinnern an NS-Opfer


Symposium des Riga-Komitees in Recklinghausen regt weitere Kommunen zum Beitritt an:

Gegen das Vergessen - für die Demokratie


Am 9. November 2021:

Datteln wird Mitglied im Deutschen Riga Komitee

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