Gegen das Vergessen der Opfer, die nach Riga deportiert wurden
Im Januar 2020 beschloss der Rat der Stadt Datteln einstimmig, dem Deutschen Riga-Komitee beizutreten, um die Erinnerung an die im Januar 1942 nach Lettland deportierten und ermordeten Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens wachzuhalten und ein ehrendes Gedenken zu sichern.
Bei einem eindrucksvollen Festakt im Dattelner Rathaus überreichte jetzt Regierungspräsidentin Dorothee Feller die Beitrittsurkunde an Bürgermeister André Dora. Datteln ist das 65. Mitglied im Deutschen Riga-Komitee, im Kreis Recklinghausen haben sich bereits die Städte Recklinghausen, Marl, Haltern am See und Herten dem Städtebündnis angeschlossen.
Frau Regierungspräsidentin Dorothee Feller liest den Text der Beitrittsurkunde vor.
Es waren einzelne Momente einer eindrucksvollen Beitrittsfeier, die unter die Haut gingen. Als Frau Feller, die auch Vorsitzende des Bezirksverbandes Münsterland des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge ist, die geladenen Gäste, stellvertretend für die gesamte Bürgerschaft, eindringlich ermahnte, die Opfer nicht zu vergessen, die während der Nazidiktatur aus Datteln nach Riga deportiert wurden: „Das Gedenken gehört in die Mitte unserer Gesellschaft.“ Sie ergänzte: „Wir brauchen Orte des Gedenkens, um die Opfer aus der Anonymität zu holen, um ihnen ein Gesicht zu geben, damit wir ihnen ihre Würde zurückgeben können.“
Das Deutsche Riga Komitee kümmert sich um die Gedenkstätte Bikernieki in Riga, mit der an die in den Jahren 1941 und 1942 über 25 000 deportierten jüdischen Bürgerinnen und Bürger erinnert wird. Unter den Deportierten befanden sich damals auch 13 Bürgerinnen und Bürger aus Datteln. Das Riga-Komitee fühlt sich in seiner Arbeit neben den deutschen auch den mehr als 26 000 lettischen jüdischen Opfern des Rigaer Ghettos verbunden, die im Wald von Rumbula in Riga ermordet wurden.
Der Beitritt zum Deutschen Riga-Komitee ist ein klares Bekenntnis dafür, dass sich Datteln der Erinnerung an diese Zeit stellt und sich dazu verpflichtet, die Vergangenheit nicht zu vergessen.
In einem illustrierten Vortrag „Die Nachbarn von nebenan – verschollen in Riga.“ folgte Winfried Nachtwei den Spuren der Verschleppten im deutsch-besetzten Riga und dem Schicksal der wenigen Überlebenden nach Kriegsende. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete referierte über das Rigaer Ghetto und die zehn Kilometer östlich von Riga liegenden Massengräber im Wald von Bikernieki. Die Gedenkstätte ist von Feldern aus Granitsteinen umgeben. Sie stehen stellvertretend für die zusammengekauerten Menschen, die auf ihre Erschießung warteten. Erhöhte Kantsteine symbolisieren die Massengräber im Wald. Die Mitgliedsstädte des Deutschen Riga-Komitees erhalten auf dem zentralen Gedenkplatz einen polierten Granitstein, auf dem der Name der Stadt steht.
Schülerinnen und Schüler des Comenius-Gymnasiums erinnern an Frida Michelson,
die die Erschießungen durch die Nazis 1941 bei Riga überlebte.
„Es waren Menschen wie wir, denen das angetan wurde.“
Die Schülerinnen und Schüler des Comenius-Gymnasiums in den erschütternden Erinnerungen der Überlebenden Frida Michelson, einer lettischen Jüdin, die Gedanken der 1941/1942 mit dem Tode bedrohten und ermordeten Juden lebendig werden ließen. Es gelang ihnen, den Opfern ein Gesicht und eine Stimme zu geben.
Unser Fraktionsmitglied Theodor Beckmann, der sich seit vielen Jahren aktiv gegen das Vergessen der Opfer des Naziterrors in Datteln engagiert, sieht in dem Beitritt zum Deutschen Riga-Komitee einen „wichtigen Teil der Erinnerungsarbeit, die in Datteln seit Jahrzehnten betrieben wird“. Die Massengräber im Wald von Bikernieki seien vielen Menschen unbekannt, obwohl nahe Riga mehr Dattelner Juden starben als im Konzentrationslager Auschwitz. Das Stadtarchiv Datteln gibt die Zahl der nach Riga deportierten Dattelner Juden mit 13 an. Es waren Mitglieder der Familien Löwenberg, Rosenbaum, Hecht und Goldberg im Alter von 17 bis 79 Jahren.
Mehr als 40.000 europäische Juden, politische Häftlinge und sowjetische Kriegsgefangene wurden zwischen 1941 und 1944 im Wald von Bikernieki bei Riga erschossen und in Massengräbern verscharrt. Das Schicksal dieser Menschen geriet nach dem Zweiten Weltkrieg nahezu in Vergessenheit. Erst zehn Jahre nachdem Lettland seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion errungen hatte, gründeten 13 deutsche Städte im Mai 2000 mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. das Deutsche Riga-Komitee, um ein Jahr später eine Gedenkstätte nahe Riga einzuweihen. Gründungsmitglieder waren jene Großstädte, in denen Gestapo-Leitstellen die Deportationen jüdischer Bürger nach Riga organisiert hatten. Für die meisten Juden aus Datteln war das Dortmund. Von dort startete ihre Reise ins Rigaer Ghetto am 27. Januar 1942.
Bürgermeister André Dora unterzeichnet die Beitrittsurkunde.
Mit ihrem Beitritt hat sich die Stadt Datteln verpflichtet, einen finanziellen Beitrag von 2.000 Euro für die Pflege der Gedenkstätte zu leisten. Lasst uns möglichst viele Steine aus Datteln in die lettische Hauptstadt Riga bringen und sie an der zentralen Gräber- und Gedenkstätte von Bikernieki im „Wald der Toten“ niederlegen.
In der Dattelner Morgenpost schrieb Sebastian Balint am 10. November 2021:
Zum Schicksal unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger:
2019 war die Stadt Bottrop Mitglied im Deutschen Riga Komitee geworden:
Nachbarn von nebenan – verschollen in Riga
Eindrücke einer Reise nach Riga im Juli 2019:
Ein weiterer Bericht über alle Aspekte der umfassend gestalteten Reise findet sich hier:
Einladende Altstadt, faszinierende Neustadt, beklemmende Vorstadt
In der Dattelner Morgenpost schrieb Fabian Hollenhorst am 31. Juli 2019:
Der "Wald der Toten" und seine 13 Opfer aus Datteln
Der Künstler Gunter Demnig verlegte in Datteln Stolpersteine:
Stolpersteine erinnern an NS-Opfer
Symposium des Riga-Komitees in Recklinghausen regt weitere Kommunen zum Beitritt an:
Gegen das Vergessen - für die Demokratie