Die Emscher-Lippe-Region ist durch Landwirtschaft und Bergbau geprägt worden; das bedeutet verständlicherweise Eingriffe in die Landschaft. Insbesondere der Bergbau hat in seiner aktiven Zeit für eine drastische Veränderung der Fließgewässerlandschaft vor Ort gesorgt. Bergsenkungen und die große Menge der Abwässer machten es in der Vergangenheit unmöglich, sie in unterirdischen Kanälen zu entsorgen. Es entstanden die offenen Formen der oberirdischen Abwasserentsorgung in Betonbachkanälen.
Umgangssprachlich ist im Ruhrgebietsvolksmund die Bezeichnung „Köttelbecke“ für ein ehemals natürliches, aber in heutiger Zeit kanalisiertes Fließgewässer gebräuchlich. Die Bäche in unserem näheren Umfeld haben durch die örtliche Bevölkerung diesen leicht humoristischen Namen bekommen. Aus ökologischen Gründen und zur Umfeldverbesserung wird seit einigen Jahren versucht, die Sünden der Vergangenheit durch einen naturnahen Umbau vom Abwasserkanal zum munteren kleinen Bächlein eine Wiedergutmachung vor Ort zu erbringen.
Lange Zeit schien diese Art der oberirdischen Abwasserentsorgung in kanalisierten Fließgewässerbetonschalen, oft mit einer starken Geruchsbelästigung einhergehend, bei Kontakt mit menschlicher Haut gesundheitsgefährdend und aus Sicherheitsgründen eingezäunt, wohl die einzige Möglichkeit eine Bergbau industrielle Wirtschaftsentwicklung umzusetzen. Die Zerstörung der örtlichen Fließgewässer nach menschlichen Nutzungsansprüchen hat man billigend in Kauf genommen. Die Fehler der Vergangenheit erschweren in heutiger Zeit den Umbau je nach den Gegebenheiten vor Ort. Die Vernichtung intakter Fließgewässerquellen, Veränderung des Grundwasserstromes, Land- und Forstwirtschaft in ehemaligen Auenbereichen und die Ausbreitung des Menschen im Allgemeinen durch Wohnbebauung und Gewerbeansiedlungen machen eine Renaturierung der Bäche oft nicht möglich.
Die Metamorphose vom naturnahen Bach in der kleinbäuerlich strukturierten Kulturlandschaft zum Abwasservorfluter in der heutigen vom Bergbau geprägten Industrienatur lässt sich in vier Schlagwörtern umschreiben: Vertiefung, Begradigung, Verkürzung und Eindeichung. Die Regulierungsmaßnahmen für den Dattelner Mühlenbach begannen ca. 1925, bergbaubedingte Anpassungen erfolgten bis ca. 1980.
Den häufig gebrauchten Begriff „Renaturierung“ sollte man aus fachlichen Gründen vermeiden und eher von einer naturnahen Umgestaltung oder Ausbau sprechen. Ein „Zurück in den Urzustand“ wie es die Begriffsbezeichnung Renaturierung suggeriert, ist meist unmöglich. Wenn intakte Fließgewässersysteme erst einmal zerstört sind, dann ist dieser Zustand unwiderruflich. Der Lippeverband ist bestrebt, das Bestmögliche vor Ort zu erreichen. Wie diese Ziele im Endeffekt erreicht werden, bleibt der breiten Öffentlichkeit zumeist verborgen. Die Bergbaugeschichte ist in unserer Stadt Vergangenheit, darum sind keine Bergsenkungen vor Ort mehr zu erwarten. Somit kann man das Abwasser in Rohre verbannen. Maßnahmen zur unterirdischen Abwasserbeseitigung werden in der Regel vor den naturnahen Umgestaltungen durchgeführt.
In Anlehnung an einen Beitrag von © Michael Korn: Die Verwandlung vom Abwasservorfluter zum Bach (http://www.nabu-gladbeck.de/Koettelbecken-ade.565.0.html)